Seite:OAMarbach0207.jpg

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gehaltene Säulen, von denen eine das Jäger’sche Wappen am Kapitäl trägt.

Nachdem das Schloß bis 1807 Sitz des Staatsamtmanns, später eines Kameralbeamten gewesen war, kaufte es die Gemeinde und benützt es von dieser Zeit an als Schule und Rathhaus; es enthält, außer den Gelassen für den Gemeinderath, zwei Lehrzimmer und die geräumigen Wohnungen des Schulmeisters und des Lehrgehilfen.

Eine Industrieschule ist vorhanden.

Von öffentlichen der Gemeinde gehörigen Gebäuden sind noch zu nennen: 2 Backhäuser, ein Armenhaus, ein Schafhaus und eine Kelter mit 5 Bäumen und einer Trotte.

Vortreffliches Trinkwasser liefern in hinreichender Menge 4 laufende und 3 Pumpbrunnen; überdieß fließt der Mühlbach am Ort vorüber und setzt bei seiner Einmündung in den Neckar, 1/2 Stunde unterhalb des Orts die zur Gemeinde gehörige Beutenmühle mit 3 Mahlgängen, einem Gerb- und Hirsengang in Bewegung. Eine kleine Wette ist im Schloßhof vorhanden. Am Ort lagen zwei, längst in Wiesengrund umgewandelte Weiher, die vom Mühlbach gespeist wurden. Der Mühlbach tritt zuweilen aus und überschwemmt die ganze Thalebene.

Die Einwohner sind im allgemeinen gesunde, kräftige Leute, die nicht selten ein hohes Alter erreichen; ihre Erwerbsmittel sind Feldbau, Weinbau und Viehzucht. Von den Gewerben, welche sich meist nur auf die gewöhnlichen beschränken, wird die Weberei schwunghaft betrieben; überdieß bestehen 2 Zündhölzchenfabriken und eine Wattfabrik, in denen viele Kinder Beschäftigung und Verdienst finden. Als Nebengewerbe werden gute Strohgeflechte (Strohböden, Bienenkörbe, Brodkörbe etc.) verfertigt. Die Vermögensumstände sind mittelmäßig und der vermöglichste Bürger besitzt nur 24 Morgen, der vorherrschende Mittelstand hat etwa durchschnittlich 7 Morgen und die ärmste Klasse 1/2 bis 3/4 Morgen Grundbesitz. Dessen ungeachtet bringen sich die Einwohner vermöge ihres Fleißes und ihrer Genügsamkeit so gut fort, daß sie nur in wenigen Fällen die öffentliche oder Privatfürsorge in Anspruch nehmen. Die Tracht ist vorherrschend noch die ländliche.

Was die natürlichen Verhältnisse betrifft, so ist die Luft gesund und das Klima mild, dagegen wird Höpfigheim auffallend oft, jedenfalls im Bezirk am häufigsten, von Hagelschlag heimgesucht; auch Frühlingsfröste schaden nicht selten der Wein- und Obstblüthe.

Der Boden ist im allgemeinen mittelfruchtbar und besteht theils

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Marbach. H. Lindemann, Stuttgart 1866, Seite 207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMarbach0207.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)