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Wegen der gegen Norden geschützten, und von den übrigen Seiten freien Lage hat der Ort eine gesunde, reine Luft, daher auch die Einwohner sich im allgemeinen einer guten Gesundheit erfreuen und epidemische Krankheiten zu den Seltenheiten gehören. Die ökonomischen Verhältnisse sind, trotz des Fleißes der Einwohner, in Vergleichung mit andern Orten der Umgegend minder gut und der vermöglichste Bürger besitzt 20–25 Morgen Grundeigenthum, die mittelbegüterte Klasse 12 Morgen und die unbemittelte 1/41/2 Morgen. Die Haupterwerbsquellen bestehen in Feldbau, Weinbau und Viehzucht; von den Handwerkern sind die Schneider, Schuhmacher und Weber am stärksten vertreten; einige Schneider arbeiten ins Große und liefern viele Kleidungsstücke nach Amerika. Ein Kaufmann und zwei Schildwirthschaften sind vorhanden.

Die mit dem Abstetterhof für sich bestehende, mittelgroße Gemeindemarkung hat, soweit sie für den Acker- und Wiesenbau benützt wird, eine ziemlich ebene, von einigen kleinen Thälchen durchzogene Lage, aus der sich der an der Südseite mit Reben und an der Nordseite mit Wald bepflanzte Wunnenstein frei und steil erhebt.

Die klimatischen Verhältnisse begünstigen den Anbau aller in Württemberg vorkommenden Kulturgewächse und nur in der Niederung gegen Groß-Bottwar hin schaden zuweilen Frühlingsfröste; dagegen kommt Hagelschlag selten vor, indem der Wunnenstein eine Wetterscheide bildet.

Der Boden besteht im allgemeinen aus einem sehr fruchtbaren Diluviallehm und nur gegen den Wunnenstein hin wird derselbe gebundener und thoniger, während der Wunnenstein selbst aus Keupermergel, der den Weinbau begünstigt, besteht. Als Besserungsmittel des Bodens wird, außer dem natürlichen Dünger und der Jauche, ziemlich viel Gips verwendet, welcher aus einem größeren, am Fuß des Wunnensteins gelegenen Gipsbruche gewonnen, und in einer Gipsmühle mittelst Pferdekraft gemahlen wird.

Der Zustand der Landwirthschaft ist im allgemeinen gut und es steht der besseren Entwicklung derselben hauptsächlich die Beschränktheit der Ortsmarkung entgegen, deßhalb haben auch viele Bürger sich Güter auf angrenzenden Markungen angekauft. Beim dreizelgigen Betrieb des Ackerbaus mit vollständig angeblümter Brache, werden unter Anwendung des Brabanterpflugs, außer den gewöhnlichen Getreidearten, Kartoffeln, Futterkräuter, Rüben und sehr viel Welschkorn gebaut, welch letzteres vorzüglich gedeiht. Auch Hirse kommt ziemlich viel zum Anbau. Bei einer Aussaat von 7 Sri. Dinkel,

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Karl Eduard Paulus: Beschreibung des Oberamts Marbach. H. Lindemann, Stuttgart 1866, Seite 311. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAMarbach0311.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)