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Haupteingänge: der am nördlichen Flügel wurde 1599 von Herzog Friedrich I. mit 24′ hohen Pfeilern und americanischen Figuren geschmückt, der andere am westlichen Flügel, wo die Überreste des Hof-Essens an Arme vertheilt wurden, ist mit einem Balkon versehen. Zu beiden führten über steinerne Pfeiler hölzerne Brücken, die im innersten Felde mit Fallbrücken versehen waren; unter der gegen Norden stand ein Vogelhaus. Hier hielten die Trabanten mit Hellebarden Wache: 12 Mann unter einem Hauptmann (1560). Ein dritter Eingang lief auf der anstoßenden Stadtmauer von dem nahen Harnischhaus in’s Schloß; der vierte war ein bedeckter Gang, der von der Canzlei über den Graben führte. Außerdem hatten die Fischer auf der Westseite einen Einlaß. – Den zwischen der Canzlei und der Stiftskirche liegenden Schloßplatz ließ Herzog Friederich I. durch Abbruch von 15 Privathäusern erweitern und einen sog. Galgen-Brunnen darauf setzen.

Längst ist das fröhliche Leben und Treiben hier verschwunden, wie viele Änderungen aber auch im Bau vorgegangen: das Aussehen ist noch immer imposant und zeigt überall seine altehrwürdige erste Bestimmung. Jetzt ist das alte Schloß der Sitz des Obersthofmeisteramtes und der meisten der demselben untergebenen Hofämter, auch der Oberhof-Kasse und der Hofküche; einzelne Räume sind Hofbeamten und Dienern zur Wohnung überlassen.

Auf der Nordseite lag der Lustgarten, von dem Schlosse nur durch eine schmale Straße getrennt, die oben bei dem jetzigen Prinzenbau durch das Falkenthörlen und unten bei dem jetzigen Waisenhause durch das Pfisterthörlen abgeschlossen war. Das durch H. Schickhardt erbaute, von Thürmen flankirte, obere Gartenthor war ein herrliches Portal, mit dem fürstlichen Wappen und den Bildern der Justitia und der Pallas geziert. Links, dem Eingange zunächst, an der „Pfudel“ stand die schon 1451 genannte von Stein erbaute Hofmahlmühle mit drei Rädern, die, einem „Mühlmeister“ anvertraut, durch den in einen Mühlgraben gefaßten Nesenbach getrieben wurde, jedoch schon 1695 in eine Schleif- und Gyps-Mühle verwandelt war. Bei dem Pfisterthörlen stand die auch bereits 1451 genannte Pfisterei, wo der „Pfistermeister“ das Brod für den Hof bereitete. – Der Lustgarten[1], ein längliches, durch einen gepflasterten Weg getheiltes Viereck, reichte hinab


  1. Herzog Christoph ließ 1562 durch den Maler Josias Füllmauer den Garten abconterfeien. Eine wahrscheinlich von M. Merian um 1620 in Kupfer gestochene Ansicht verwahrt die K. Kupferstich-Sammlung. Auch auf dem Grundrisse der Stadt von Merian aus derselben Zeit ist er abgebildet.
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Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0119.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)