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gemilderten und geadelten Schmerzes. Zu beiden Seiten des Kreuzes stehen, rechts vom göttlichen Erlöser: die Mutter Gottes, gebeugten Hauptes, mit der Rechten das Gewand unter der Brust zusammenhaltend, mit der Linken ein anderes Ende desselben über dem Herzen erfassend, eine Gestalt von ebenso hoher Anmuth als tragischer Größe; links: der Lieblingsjünger Johannes, das lockenumwallte Haupt voll süßen Ausdrucks in innigster Bewegung zur Mutter des Herrn emporrichtend, die Linke, wie betheurend, fest an die treue Brust drückend. Zu den Füßen des Gekreuzigten aber knieet, mit Inbrunst den harten Stamm des Kreuzes umklammernd und an ihren Busen drückend, das Antlitz sehnsuchtsvoll zu dem Erlöser erhoben, Maria Magdalena, die kreuzumarmende Patronin der Büßenden, in deren Gestalt der Künstler die Stifterin, Clara Mager, personificirt zu haben scheint. An der Vorderseite des Berges sind unter den Statuen der Maria und des Johannes Wappenschilde angebracht, die darauf ausgehauenen Wappen sind aber nicht mehr recht zu erkennen; dagegen steht hinten am Kreuzesstamm in leserlicher Schrift der Zeit die Jahreszahl 1501. Der Meister des Werks ist nach Heyd Herzog Ulrich Band I. S. 199 derselbe, der den berühmten Ölberg im Dom zu Speier verfertigte. 1

Die Hospitalkirche. Auch an der Stelle der Hospitalkirche stand früher eine um 1350 erwähnte Capelle, die Liebfrauen-Capelle, die aber unter Graf Ulrich, dem Vielgeliebten, eingerissen wurde, um einer neuen Kirche Platz zu machen, zu welcher er 1471 den Grundstein legte. Schon nachdem das Chor fertig geworden war, übergab sie der Graf 1473 dem von ihm neugegründeten Dominikanerkloster als Klosterkirche; ihr Bau wurde aber erst 1493 vollendet. Die Mönche begannen sogleich auf dem ihnen neben der Kirche eingeräumten Platz den Bau eines Klosters, der jedoch so langsam von Statten ging, daß erst 1505 der westliche Theil des projectirten Gebäudes fertig, das Ganze aber nie vollendet wurde. Die Kirche erhielt nach der Reformation den Namen Hospitalkirche und wurde zur städtischen Kirche gemacht. Sie hatte nur ein einziges Thürmchen über dem Dach des Chors, an dessen Stelle 1730 (welche Jahreszahl über dem horizontalen Sturz der Thüre zu lesen ist) der 1738 vollendete jetzige Thurm kam. In den Jahren 1821–1822 wurde eine durchgreifende Erneuerung der Kirche vorgenommen, wozu der König 1000 fl. beitrug. Man brach die Treppenhäuser außen an der Kirche ab; die alte glatte Decke machte hölzernen Kreuzgewölben Platz; in die nördliche Wand gegen den Klostergarten wurden vier Fenster eingebrochen, und die Errichtung

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Rudolph Moser: Beschreibung des Stadtdirections-Bezirkes Stuttgart. Eduard Hallberger, Stuttgart 1856, Seite 189. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OAStuttgartStadt0189.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)