Seite:OberamtEllwangen 143.jpg

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treten kaum auf, da Nachts immer zeitig Abkühlung erfolgt. Überschwemmungen der Thäler sind häufig, aber schnell wieder abgelaufen. Sumpfmiasma findet sich nicht. Kaltes Fieber soll vor Zeiten häufig gewesen sein. Jetzt kommt es kaum mehr vor.

Die vorherrschenden Krankheitsformen sind: akute und chronische katarrhalische Entzündungen der Athmungsorgane, Rheumatismen, nicht selten Herzfehler, akute und chronische Magenkatarrhe. In den Thälern hat man sich Sommers vor der Abendkühle zu hüten. Nach den anstrengenden Hauptgeschäften des Sommers, der Heu- oder Getreideernte, melden sich immer viele Fälle von Husten und von verdorbenem Magen, die einem kalten Trunk zugeschrieben werden. Habituelle Verstopfung ist eine häufige Beschwerde.

Typhus hat schon strichweis namhafte Verheerungen angerichtet und kommt sporadisch hie und da zum Vorschein. Diphtheritis (ansteckende Halsbräune) ist vor 18 Jahren eingewandert und hat theils in Verbindung mit Scharlachfieber, theils ohne dieses wiederholt stark gehaust. Die Lokalbehandlung ist durch die Entfernung der zerstreuten Wohnplätze erschwert.

Ein Beispiel, wie Leute, sonst gar nicht weichlich gewöhnt, erkrankt wehleidig werden: Ein junger Mann und ein Mädchen, beide etwa 20 Jahre alt, bis dahin kerngesund und kräftig, erkrankten an Halsbräune. Der Hals wurde mit einer reinigenden, weder giftigen noch scharfen Lösung ausgepinselt, aber nur einmal. Sie erklärten: lieber sterben, als das noch einmal aushalten. Sie sind auch richtig gestorben. Die Anwendung dieser Lösung ist so wenig schmerzhaft, daß ganz kleine Kinder dabei gewöhnlich gar nicht weinen.

Cretinismus ist nicht einheimisch. Kropf findet sich in den Thälern nicht selten. Skrofelkrankheit ist nicht besonders häufig, Rhachitis selten. Syphilitische und ähnliche Erkrankungen findet man nur hie und da eingeschleppt, ebenso Krätze. Geisteskrankheiten sind nicht auffallend häufig. Die Zahl der auf öffentliche Kosten derzeit in Heil- und Pfleganstalten untergebrachten Geisteskranken beträgt 21, davon in Winnenthal 3, Schussenried 4, Göppingen 2, Pfullingen 6, Zwiefalten 6.

Die Zahl der vorgekommenen Selbstmorde ist verhältnismäßig viel kleiner, als die der Durchschnittszahl des Jagstkreises entsprechen würde – s. oben S. 139.

Zu den schweren Körperverletzungen geben Unglücksfälle bei Waldarbeiten einen Beitrag. Gewaltsame schwere Körperverletzungen,

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Ellwangen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1886, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtEllwangen_143.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)