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Bäume sind immer sehr groß und bestehen aus 2 Stämmen. Der obere Theil (Gipfel) wird durch Ringe mit dem unteren verbunden und ist derselbe mit bunten Bändern verziert.

Pfingsten. Am Pfingstmontag fand am Nachmittag in vielen Ortschaften von den jungen mit Sträußen gezierten Bauernburschen, den sog. Pfingstlümmeln, ein Umritt statt, was aber so ziemlich aufgehört hat.

Kirchweihe wird allgemein am dritten Sonntag im Oktober gehalten und viele Kuchen und Krapfen gebacken, die an Verwandte und Bekannte verschenkt werden. Auf dem Lande wird aber seit geraumer Zeit wieder die alte Kirchweihe „zur Erinnerung an das alte Kirchweihfest“ in den Wirthschaften abgehalten, und immer hiemit ein Tanz, wobei viel gezecht wird, verbunden.

Das alle 5–6 Jahre in Ellwangen stattfindende Landwirthschaftliche Fest gestaltet sich zu einem großartigen Volksfest, an dem die ganze Umgegend Theil nimmt.

Johannisfeuer werden in hiesiger Gegend wenig oder gar nicht mehr abgebrannt.

Barbarazweig. Am Barbaratag (4. Dez.) wird auf dem Lande in der Regel ein gesunder Kirschbaumast in ein Wassergefäß gestellt. Dieser Ast wird mit Marzipan verziert. Derselbe schlägt allmählig aus und wenn er zwischen Weihnachten und den heil. 3 Königen blüht, so soll es ein gutes Jahr geben.

Bittgänge und Prozessionen finden in der Woche vor Christi Himmelfahrt statt, einmal am Montag auf den Schönenberg und einmal am Dienstag nach St. Wolfgang und am Mittwoch wallfahren die Pfarrkinder von Schönenberg zur Marienkirche nach Ellwangen; am Pfingstdienstag wallfahren die Ellwanger zum hl. Blut nach Schwenningen. Weiter findet ein Bittgang seit 1707 am St. Annatag auf den Schönenberg statt, welcher eine geschichtliche Bedeutung hat (vergl. Beschreibung des Schönenbergs von Hofbuchdr. Wagner S. 129 u. 130). An Mariä Heimsuchung, 2. Juli, findet seit neuerer Zeit ein weiterer Bittgang auf den Schönenberg statt.

Frohnleichnamstag. Eine besonders große öffentliche Prozession findet am Frohnleichnamsfest statt, die sich durch Glanz und große Feierlichkeit auszeichnet. Die Straßen und Häuser, welche der Zug passiert, sind immer aufs Schönste dekorirt. Auch sind an diesem Tag die Kaufläden aller Konfessionen geschlossen. Es sei hiebei bemerkt, daß in Ellwangen die Katholiken auch am Karfreitag ihre Läden schließen, was auf gegenseitig kirchlichem Sinne beruht.

Eine weitere Prozession findet jährlich an Allerheiligen (1. Nov.) nach der Stiftsvesper auf den Friedhof (St. Wolfgang) statt. An diesem Tage sind die Gräber mit Kränzen und Blumen etc. geschmückt.

Zur Vervollständigung fügen wir die Schilderung der Sitten und Gebräuche in Röhlingen und seinen Filialorten bei, die wir Herrn Oberamtspfleger Steinhardt in Ellwangen, früher Schultheiß in Röhlingen, verdanken.

Familienfeste. Taufe. („Kēndstôf, auch Täufet“). Die Taufen finden in der Kirche statt; gewöhnlich schon am nächsten Tage nach der Geburt des Kindes.

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Ellwangen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1886, Seite 166. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtEllwangen_166.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)