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Frühjahr gewöhnlich weggetrunken ist. Röhlingen hat zwei gute und große Brauereien. Die Mayersche Brauerei ist die größte im ganzen Oberamtsbezirk.

Volksaberglauben. Die Bauersleute glauben, in jedem Haus sei eine Otter, die Hausotter. Hört man dieselbe in den Wandungen oder unter den Böden „pfeifen“, so sagt man, die Hausotter pfeife solange fort, bis aus der Familie eines gestorben sei. Dies soll immer zutreffen. Es kommt vor, daß den Pferden zur Nachtzeit die Schwänze und Mähnen geflochten werden. Dies hat natürlich jedesmal die Hexe – gewöhnlich in Gestalt einer Katze gethan. Man paßt daher die folgende Nacht auf. Kommt nun eine Katze in den Stall, hui mit Prügel, Besen und Mistgabel auf sie und gehauen und gestochen! Am andern Tag hält man möglichst geheim Umschau im Ort. Kann ein altes Weib (das vielleicht vorher schon verdächtig schien) zufällig nicht ausgehen, oder hat sie einen verbundenen Kopf oder Fuß etc., so war sie – die Hexenkatze vom Abend.


Weitere landwirtschaftliche u. a. Gebräuche im Ellwangischen [1].

Das Sommergetreide wird schon längst mit dem Haberrechen gemäht.

Das Wintergetreide wird erst seit den sechziger Jahren nicht mehr mit der Sichel geschnitten, sondern gleichfalls gemäht.

Beim Mähen soll der Wind auf die Sense fallen, oder: „Der Wind soll dem Mähder in den Anken (Nacken) gehen.“

Die Gerste wird am liebsten im zunehmenden Mond gesäet.

Der Flachs wird gerne in der elften Stunde (zwischen 11 und 12 Uhr Mittags) gesäet. Man meint, er fange in derselben Stunde an zu blühen, in welcher er gesäet worden.

Wer ein Hemd anzieht, dazu das Garn von einem siebenjährigen Mädchen gesponnen worden, macht als Viehhändler gute Käufe oder zieht als Rekrut das höchste Loos, daß er frei wird.

An den drei Fastnachtstagen Samstag, Montag, Dienstag werden in drei mit Erde gefüllte Gefässe je einige Kerne Leinsamen gestupft, um zu erfahren, ob die frühere mittlere oder späte Saat des Leines am besten geräth. Wenn z. B. der am Dienstag gesäete Same zuerst aufgeht, so wird der Lein spät gesäet.

Gegen Maulwürfe muß man am Karfreitag Morgens vor Sonnenaufgang und unbeschrieen Erde von einem Maulwurfshaufen nehmen und auf einem fremden Acker umherstreuen, dann verlassen die Maulwürfe das eigene Feld und wandern in das fremde. – Auch das Zutreten der Löcher zu obiger Zeit soll helfen.

Beim Ausdreschen wird aus dem letzten Gebund Stroh ein Bockel (Bock) gemacht. Vier Stecken bilden die Füße und zwei die Hörner; es wird ihm eine mit Stroh ausgestopfte Zipfelkappe untergebunden. wer beim Dreschen den letzten Streich gethan, muß den Bockel forttragen und einem Bauern, der noch drischt, in die Scheuer zu werfen suchen, darf sich aber nicht erwischen lassen, sonst binden ihm die so


  1. Mitgetheilt von Lehrer Günthner, früher in Neunheim, jetzt in Ehingen a. d. D.
Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Ellwangen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1886, Seite 171. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtEllwangen_171.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)