Seite:OberamtEllwangen 188.jpg

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Dieser Diphthong stellt sich vor r gewöhnlich auch für das e unter Nr. 2 ein: äərdə Erde, läərnə lernen, gäərə gern, räəleng Rehlingen, jetzt Röhlingen[1] (doch rächbärg der Rechberg). Andererseits ist bei mhd. langem e die Umwandlung nicht vor sich gegangen in êwəg (und êbəg) ewig. menanschtə und måeschtə, die meisten. em und en werden einfach nasal: dênə dehnen, nemmə (kurz) nehmen (lehnen siehe bei ei), zwenan m. zwei.

o. Mhd. kurzes o bleibt schw. in der Regel o. Oft erhält sich auch die Kürze: kochen, hoffen, sollen u. s. w., elw. auch hollə holen; sehr häufig geht sie, besonders elw. in die Länge über, so: grob, Moos (und miəs), Rock, Holz, Frost, Kopf, voll, auch Bote etc. Altes o ist erhalten in krôt Kröte. Vor r, dem kein Vokal und kein n folgt, wird elw. das o als offenes gesprochen: bårgə, sårgə, auch mårgə (Subst. und Adverb) etc. Folgt dem r ein n, so wird dieses zu ə und o zu åə: håərə Horn, kåərə, zåərə, gebåərə, so auch in våər, båərkirch (Empore). Altes u ist nicht selten übrig, z. B. wuch Woche, furt fort, luck locker, schtupflə Stoppeln, truckə, trucknə trocknen (intransitiv, dagegen tricknə, eig. trücknen trans.). dûs Dose, fûrm m. Form, onfurm m. Unart; ebenso der Umlaut ü (i) in willeg „aus Wolle“. – Mhd. langes o, wenn es nur nicht aus ursprünglichem a entstanden ist, wird (westschwäbisch ao) ostschwäbisch und bes. elw. åə, fast åa: schtråə Stroh, håə hoch; so: froh, Brot, Tod, Noth, los und Loos, groß, Ostern, Ohr, Rohr; vor r (s. o.), auch wenn das o einst kurz war: vrlåərə verloren (westschw. vrlaorə). wo. – Zwar råətəbach Rotenbach, aber die übrigen mit rôt zusammengesetzten Ortsnamen wie ägrôt Eggenroth haben mit der Farbe nichts zu thun und sind mit „roden“ in Beziehung zu setzen. – Beim ersten Versuch, hochdeutsch zu sprechen, verwandelt der Ellwanger wie den Diphthong äə in ä (z. B. säle Seele) so åə in das offene o (å). Durch Wörter wie bråd, gråss, råt, gebåren verräth er seine Heimat am leichtesten, und er braucht eine längere Übung, bis er dafür geschlossenes o sich angewöhnt. Dieses vermeintlich hochdeutsche å statt o fällt aber genau zusammen mit dem aus lang a entstandenen schwäbischen Laut, und in schriftlichen Aufzeichnungen wird daher leicht ein irrthümliches o für ein a gesetzt. So wurde früher manchmal pfolheim statt Pfahlheim, rostatt statt Rastatt geschrieben, und noch in unserem Jahrhundert hat Holbach (hålbach) über Halbach gesiegt, obgleich letzteres ohne Zweifel das Richtige ist.

Den Umlaut ö kennt das Elw. so wenig als den Umlaut ü. Aus kurz o hervorgegangen, wird es geschlossenes e: die kepf Köpfe, trepflə tröpfeln; auch der ébərscht (öberste) oberste. Darum gehören hierher auch êl n. Öl, hêle Höhle (aber schtârəhôl), grêbər gröber (wie auch Plur. Gräber). In viele Wörter kam das ö statt e erst durch das Nhd. herein, und die Mundart hat das e nur beibehalten: dörren, Geschöpf, Hölle, Löwe, Löffel, Schöffe, schöpfen, schwören, zwölf. – ö aus lang ö entstanden wird (westschw. ) elw. äə: bäəs böse, häərə hören, räət Röte, fläə Flöhe, häə Höhe, räətle Röthlen N. pr. Dieser Analogie folgt auch aus einst kurzem o entsprungenes ö vor r: mäərtəl m. Mörtel, mäərschəl m. Mörser (Gefäß, worin man etwas zerstößt).


  1. Alle Dörfer, Weiler, Höfe, deren Namen in diesem Abschnitt erwähnt werden, liegen im Oberamtsbezirk Ellwangen.
Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Ellwangen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1886, Seite 188. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtEllwangen_188.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)