Seite:OberamtEllwangen 321.jpg

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werden die besonderen Schicksale der Propstei Ellwangen und ihres Gebietes meist bei der allgemeinen Geschichte dieses Fürstenthums erörtert werden.

Erwähnt kann jedoch hier werden als eine für die damaligen kleinlichen Verhältnisse charakteristische Begebenheit der sog. Kirchenkrieg, welcher aus Anlaß des am 18. August 1765 erfolgten Todesfalles Kaiser Franz I. in hiesiger Gegend ausbrach. Als Oettingen, Baldern und Wallerstein in der Mitte Septembers in ihren Landen das Trauergeläute anordneten, wollten sich die Pfarrer der in diesen Herrschaften gelegenen deutschordenschen Kirchen, sowie der Thannhauser Pfarrer nicht fügen. Oettingen bot Mannschaft, Bürger und Unterthanen, samt Kreiscontingent auf, die sich während des Gottesdienstes in die Kirchen einschlich und das Läuten besorgte, während die Schulmeister bezw. Meßner, um nicht wieder arretirt zu werden, wie es einige Jahre zuvor beim Absterben der alten Fürstin von Oettingen geschehen war, sich meist flüchteten. Ein deutschordensches Kommando von etwa 130 Mann verhinderte nach einigen Tagen die öttingischen Anordnungen zu Nordhausen, Sechtenhausen, Schneidheim, Belzheim, (bayr. A.G. Oettingen). In Nordhausen besetzten die Oettingischen Kirche und Sacristei zum Schutze des Schulmeisters, welcher läutete, allein das deutschordensche Kommando entwaffnete die Bürger, welche sich mit 2 Laib Brod und 20 Maß Bier in den Thurm geflüchtet hatten, und so mußte das Läuten eingestellt werden. In Schneidheim zogen sich die Oettingischen in den Kirchhof zurück, versperrten Thüre und Thor, allein die Deutschordenschen drangen ein, nahmen die Schwenkel der Glocke herunter und führten sie mit 16 Flinten samt Seitengewehr nach Kapfenburg, die Mannschaft selbst schickten sie nach Hause; gegen genannte Burg rückten die aufgebotenen öttingischen Bürger und Bauern vergebens an. Die Unruhen dauerten bis in die ersten Tage Novembers; am 29. Oktober trafen beide Theile unweit Röttingen zusammen: es blieb – ein öttingisches, zwei deutschordensche Pferde wurden verwundet, ein Dragonerhut von den Oettingischen erbeutet (!). Kaiserliche Befehle kühlten den Eifer der Streitenden ab und brachten die Sache in das langsamere Geleise eines Processes vor dem Reichskammergericht zu Wetzlar. In Zöbingen kam es zu Gewaltthätigkeiten zwischen dem öttingischen Amtsknecht und Militär einer- und dem handfesten kloster-kirchheimischen Pfarrer And. Mayerhofer andererseits. Im meist ellwangischen Westhausen gab es gleichfalls Conflikt zwischen dem Deutschordenspfarrer einer- und dem ellwangischen Amtmann und dem Schulmeister und Meßner andererseits, da Ellwangen das Geläute einige Tage früher, aber nur 4 Wochen, jener aber nach bischöflich augsburgischer Vorschrift 6 Wochen lang dauern lassen wollte; der Schulmeister verschloß nach Ablauf der 4 Wochen mit einem ihm vom Ellwanger Amtmann zugekommenen Maderschloß alle Tage nach dem 12 Uhr Läuten die Thüre zum Glockenhaus und behielt die Schlüssel bei sich, so daß nicht mehr geläutet werden konnte. (Vergl. noch weiter Nordhausen, Jagsthausen).

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Ellwangen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1886, Seite 321. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtEllwangen_321.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)