Seite:OberamtEllwangen 465.jpg

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und Rom geführter Streit, an welchem sich die mächtigsten Familien Deutschlands, die habsburgische, pfälzische, brandenburgische, sowie die Ritterschaft und der Schwäbische Bund beteiligten und bei welchem somit die höhere Politik wesentlich in Betracht kam. Von den Kandidaten: Markgraf Johann Albrecht von Brandenburg-Ansbach, Sohn des Markgrafen Friedrich zu Ansbach und Baireuth, einem in Rom lebenden Kämmerer und Günstling Papst Leos X., Anfangs auch dessen jüngerem Bruder Gumbrecht, Pfalzgraf Heinrich, Bruder des Kurfürsten Ludwig V. von der Pfalz, welcher bereits die Pfründen eines Propsts zu St. Alban in Mainz, Dompropsts zu Straßburg und Aachen besaß und zu dessen Gunsten Propst Albrecht den 17. Juni 1521 gegen eine jährliche Pension von 1500 fl. (an welcher 600 fl. in Folge der lebenslänglichen Einräumung des Schlosses und Amtes Kochenburg abgerechnet wurden) verzichtete, Hans von Gültlingen, Ellwanger Chorherrn, dem Kandidaten des Kapitels und der mit dem Kapitel durch Blutsverwandtschaft verbundenen Ritterschaft, welcher auch am Schwäbischen Bunde Unterstützung fand, während die Stadt Ellwangen von Anfang an auf Seite des Pfalzgrafen stand, behauptete sich endlich Heinrich, nachdem es zu verschiedenen Gewaltthaten, Exkommunikation des Kapitels, der Verhängung der Sequestration über die Propstei gekommen war, gemäß den Vergleichen vom 21. Januar und 24. Februar 1524 [1]. Zu seinen bisherigen Würden erhielt er weiter im Jahr 1523 die eines Bischofs von Worms, 1524 eines von Utrecht, 1541 eines von Freising; dem Utrechter Bisthum stund er bis 1528 vor, den übrigen bis zu seinem Tode. In die Regierungszeit dieses Propstes fallen 2 bedeutende Ereignisse, die Verbreitung der Reformation im Ellwangischen und der Bauernkrieg (s. unten). – Auch aus Anlaß seines Abgangs kam es zu einem noch mit größeren Gewaltthaten verbundenen Streit, als das letzte mal. Heinrich hatte zu Gunsten des Deutschmeisters Wolfgang Schutzbar von Milchling, mit welchem er schon länger her in Freundschaft stand, den 28. April 1545 gegen eine Pension von 4000 fl. einen Verzicht auf die Propstei ausgesprochen. Allein der Dekan Christoph von Westerstetten und das Kapitel, welches hierüber nicht gehört worden und dessen Wahlrecht durch diesen Akt schwer verletzt wurde, trat gegen denselben klagend in Rom auf, Heinrich nahm zwar am 2. Oktober d. J. seinen Verzicht zurück, allein der Deutschmeister, welcher unter anderem den Kaiser für sich gewonnen hatte, gab nicht nach und so dauerte der Streit fort. Als nun Heinrich am 3. Januar 1552


    päpstlichen Reservatrechte dem Papst die Verleihung solcher Ämter vorbehalten, welche durch Absetzung, Privation, Versetzung und Verzichtleistung erledigt wurden, vorausgesetzt, daß der Papst die letztere bestätigt hatte.

  1. Über das vom Dekan und Kapitel wegen dieses Streites am 10. Juni 1522 ergangene, die Verhandlungen und Vorgänge darlegende gedruckte Ausschreiben s. E. Weller, Die deutsche Litteratur im 1. Viertel des 16. Jahrhunderts S. 229, über die Gegenschrift des Propsts Albrecht: Wahrhaftiger Bericht und Entschuldigung u. s. w. Schwarz a. a. O. S. 46 Anm. 1. Vgl. weiter Urkunden zur Geschichte des Schwäbischen Bundes herausgegeben von Klüpfel, 2 S. 216. 219, 226 und J. A. Giefel, Streit um die gefürstete Propstei Ellwangen im Zeitalter der Reformation in Württ. Vierteljahrshefte für Landesgeschichte 7, 1884 S. 170–176 und 241–253.
Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Ellwangen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1886, Seite 465. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtEllwangen_465.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)