Seite:OberamtEllwangen 466.jpg

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starb, wählte das Kapitel am 26. März einstimmig den derzeit in Rom lebenden Bischof von Augsburg, Kardinalbischof von St. Sabina, Otto Truchseßen von Waldburg, Sohn des württembergischen Statthalters Wilhelm, seit 1544 Kardinal, welcher den 7. Dezember d. J. eine Kapitulation ausstellte und gegen welchen einige andere Mitbewerber, der Bischof von Trient und dessen Brudersohn, auch ein römischer Kurtisan aus den Niederlanden, nicht aufkommen konnten. Otto brachte den mit dem Deutschmeister nunmehr entsponnenen Streit persönlich vor den päpstlichen Stuhl und erhielt am 4. Juli d. J. einen günstigen Entscheid der römischen Rota. Ein Versuch, in Güte die Sache beizulegen, welcher den 24. Oktober vor Herzog Christoph von Württemberg, als von den Parteien angegangenem Schirmherrn, und dessen Räthen zu Tübingen gemacht wurde, führte nicht zu dem gewünschten Ziele. Am 4. Dezember eines Sonntags während der Predigt wußte sich der Deutschmeister von Kapfenburg aus insgeheim mit List und Gewalt in den Besitz der Stadt, des Schlosses und der Propstei Ellwangen zu setzen, allein Herzog Christoph durch diesen Landfriedensbruch selbst verletzt, bot 4100 Mann auf und stellte noch andere 6000 Mann in zweiter Auswahl bereit. So mußte der Deutschmeister Ellwangen räumen, am 16. zog die von ihm zurückgelassene Besatzung wieder ab und die Württemberger rückten, ohne daß es zu einem Kampf gekommen wäre, am 17. in die Stadt. Auch anderwärts ließ Christoph das Gebiet des Deutschmeisters angreifen und nach dem Vergleich vom 25. März 1553 mußte derselbe dem Herzog namentlich 30.000 fl. Kriegskosten ersetzen. Der Prozeß um die Propstei in Rom dauerte jedoch fort. In seinem Verlaufe wußte auch der Deutschmeister vorübergehend ein Breve für sich herauszuschlagen, so daß Otto, welcher den Kardinal St. Clementis für den Urheber desselben ansah, einsmals bei einer Verhandlung mit diesem „Buben“ im päpstlichen Palast in solchen Zorn gerieth, daß er nach seinen eigenen Worten „von seinem Sessel aufwitschte und mit gezückter Faust auf denselben in seinem Grimme mehr als einmal darschlug, so daß letzterer nur dadurch, daß auch der Kardinal Borromäus geschwind aufwitschte, abgehalten wurde Hand anzulegen, und seinem Kollegen nur noch zornig erklärte, der Rücksicht auf Borromäus und den Ort habe er es allein zu verdanken, daß er ihn nicht erzaust, wie er es verdient.“ Schließlich aber sprach der Papst selbst bei einem Besuche Ottos aus: fiat justitia et pereat mundus, und den 29. Mai 1562 wurde der Streit endgiltig zu seinen Gunsten entschieden. Doch führten sowohl Schutzbar als auch seine Nachfolger noch einige Zeit den Namen „Propst und Herr von Ellwangen [1].“ Otto, welcher bis an seinen zu Rom am 2. April 1573 erfolgten Tod neben dem Kardinalatbisthum von Albano, später von Palestrina (bezw. St. Sabina), sowie dem deutschen Bisthum Augsburg (seit 1543) die Ellwanger Propstei verwaltete, auch die Würde eines päpstlichen Legaten, kaiserlichen Raths und Protektors der deutschen


  1. Vgl. Braun a. a. O. 3, 358–520; J. A. Giefel, Die biographischen Aufzeichnungen des fürstl. ellwang. Raths und Kanzlers Dr. K. Kibler über den Kardinal Otto u. s. w. im Diöcesanarchiv von Schwaben, herausgegeben von Hofele 1884 Nro. 1–3; hinsichtlich jenes Streites noch insbesondere: Sattler, Herzoge 3, 277; 4, 45–49; Stälin, Wirt. Geschichte 4, 540, 541.
Empfohlene Zitierweise:
Eduard Paulus der Jüngere: Beschreibung des Oberamts Ellwangen. W. Kohlhammer, Stuttgart 1886, Seite 466. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtEllwangen_466.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)