Seite:OberamtSchorndorf0028.jpg

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Eingezogenheit, Wohlthätigkeit für allgemeine und besondere Zwecke, Betriebsamkeit und großer Fleiß überwiegend vorherrschend, da namentlich die Thalbewohner in der bessern Jahreszeit schon vor Sonnenaufgang die Feldgeschäfte beginnen und bis in die Nacht hinein fortsetzen, auch ihre Kinder von früher Jugend auf dazu anhalten. Dabei sind sie entschieden und durchgreifend, religiös gesinnt und, wenn kein Verführer hinter sie kommt, der geistlichen und weltlichen Obrigkeit ergeben, zugleich, in den unteren Thalorten, unverwüstlich heiter, leicht beweglich, aber auch bald heftig und erzürnt, wogegen in den oberen Thalorten der Ernst überwiegt. Charakteristisch für Schnaith ist das Talent für Musik, die äußerst geläufige Zunge, die Gewandtheit bei der Arbeit und im Leben überhaupt; daher die Schnaither nicht unpassend „die Franzosen des Remsthales“ genannt werden. Etwas Eigenthümliches haben die Bewohner von Hundsholz (siehe dort). Besonders regsam sind auch die Bewohner Hebsacks, Höslinswarths und der Berglen. Im Allgemeinen jedoch ist der Sinn weit mehr dem häuslichen, als dem öffentlichen Leben zugewandt; daher wenig Gemeingeist und Interesse für Fortschritte in bürgerlichen und gewerblichen Angelegenheiten. Eigenthümlich ist der weit verbreitete Pietismus, namentlich in Schorndorf, beiden Urbach, Weiler, Winterbach, Hebsack, Rohrbronn und Grunbach, und die aus den Pietisten, vor einigen Jahren hervorgegangene Secte der Neukirchlichen, welche 1846 namentlich in Grunbach ihren Sitz hatten. Frei vom Pietismus haben sich sämmtliche Waldorte unseres Bezirkes gehalten, deren Bewohner aber auch sonst weniger anregsam, sowie weniger fleißig und betriebsam, und von rauheren Sitten sind: was in Wechselwirkung stehen dürfte mit den verderblichen Waldfreveln, welchem ein großer Theil dieser Bevölkerung ergeben ist. Baiereck steht in dieser Beziehung am Tiefsten. Wie übrigens von der seit neuerer Zeit eingetretenen Vermehrung der Pfarreien und Schulen eine mildernde Einwirkung auf die Sitten zu hoffen ist, so läßt sich auch erwarten, daß die von der Forstpolizeigewalt jüngst eingeführte bewaffnete Schutzwache mehr und mehr den Waldvergehen vorbeugen werde, von welchen abzuschrecken bisher die häufigsten Strafen nicht vermochten. 1

Die Nahrung besteht für den weitaus größten Theil der Bevölkerung in Kartoffeln, Milch und, wenn es gut geht, in Knödeln und Brei oder Suppe aus Welschkorn. Fleisch kommt viele Monate nicht auf ihren Tisch und auch Brod wird, da in erforderlicher Menge die Mehlfrüchte nicht gebaut werden, ziemlich selten genossen. Häufiges Genußmittel ist dagegen der Obstmost und, wenn er nicht verkauft werden kann, der geringere Wein, welcher nebst dem gleichfalls selbstbereiteten und neuerlich überhandnehmenden Branntwein manchmal unmäßig

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Schorndorf. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1851, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtSchorndorf0028.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)