Seite:OberamtSchorndorf0081.jpg

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ursprünglich eine Vorstadt und hieß, bevor sie in die Mauer gezogen wurde, „auf dem Sand“; ein Name, den noch jetzt eine Bürgerfamilie führt. Die Anlage von Vorstädten nach der Befestigung hatte ihre eigenthümlichen Schwierigkeiten. Die wohl sehr alte 1634 abgebrannte Vorstadt, welche erst 1679 kleinen Theils wieder aufgebaut ward, reichte gleichwohl vom mittleren Thor bis zur Rems und zum untern Thor und zählte 1634 etwa 300 Bürger; in Lagerbüchern ist mehrmals von „Kotengesäßen“ d. h. Wohnungen der Hintersaßen, in dieser Gegend die Rede. Die jetzige Vorstadt liegt vor dem ehemaligen mittleren Thor, ist aber kaum 1/4 so groß, wie die frühere. Der Reinlichkeit in den abgelegenen Theilen der Stadt geschieht durch den bei dem Sinken der Gewerbe immer mehr zunehmenden Betrieb der Landwirthschaft um so mehr Eintrag, als wegen der Umwallung die Häuser sehr gedrängt stehen. Eine Zierde der Stadt ist der Marktplatz, den der Aichenbach in den oberen Markt und in den s. g. Fruchtmarkt scheidet.

Gebäude zählt Schorndorf 556, worunter 135 Nebengebäude; von der Gesammtzahl gehören 12 dem Staat und 29 den Körperschaften. Sie sind zwar meist von Holz aufgeführt, doch gewähren mehrere, namentlich in der Vorstadt, ein freundliches Ansehen, wogegen sich allerdings in den Nebengäßchen auch kleine, mit Viehställen verbundene Hütten finden. Die meisten alten Gebäude stehen wegen des vormals sumpfigen Bodens auf eichenen oder erlenen Pfählen.

Besondere Erwähnung verdienen:

Das Schloß, „Burgschloß“ genannt, auf der südöstlichen Ecke der Stadt. Dasselbe wurde von Herzog Ulrich 1538 an die Stelle des alten Schlosses, welches oft von den Herren von Württemberg bewohnt worden, und von den Orten auf dem Schur- und Schlichten-Wald mit Brennholzfuhren frohnweise zu versehen war, 1515 aber dem Ober- und Unter-Vogt zur Wohnung diente, vom Keller an neu erbaut. Es war ein hauptsächlich fester Punkt der Stadt. Ganz massiv, besteht es aus 4 Flügeln mit einem steinernen Rondell in jeder Ecke. Über einen tiefen Graben führte eine Fallbrücke. Das Schloß ist nicht höher als der Wall war, und hat 3 Stockwerke. Die Seitenlänge beträgt gegen Süden 160′, gegen Osten 125′, gegen Westen 115′, und gegen Norden über Abzug der Flügelbreiten 72′; die Breite ist beziehungsweise 42′ 4″; 47′ 8″; 50′ und 49′. Im ersten Stock ist ein Saal 80′ lang und 40′ breit; im dritten Stock ein Saal 68′ 7″ lang und 32′ 5″ breit. Der Keller von seltener Größe ist 36′ breit, 16′ hoch und 320′ lang. Das Schloß hat längere Zeit als Kaserne für die zuvor gedachte Garnison gedient; im Jahr 1834/35 aber erhielt es seine jetzige Bestimmung, indem es zu Wohnungen des Oberamtsrichters, des Oberamtmanns und des Cameralverwalters mit ihren

Empfohlene Zitierweise:
Rudolph Friedrich von Moser: Beschreibung des Oberamts Schorndorf. J. B. Müller’s Verlagshandlung, Stuttgart 1851, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:OberamtSchorndorf0081.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)