Ferdynand Antoni Ossendowski: Schatten des dunklen Ostens | |
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furchtbar blutige Vergangenheit haben dieser Satanspriesterin einen prickelnden Reiz gegeben und sie besonders berühmt gemacht. Sie wurde oft zu feierlichen Gottesdiensten, zu den schwarzen Mysterien in andere Städte gerufen, wo ihre Verirrungen, ihre Hysterie und ihr Pathos einen starken Eindruck gemacht haben.
Auch der Pope Elias, ein sehr belesener und beredter, die Menge aufreizender, wohllüstiger und an Epilepsie erkrankter Mensch, war unter den Diabolisten nicht weniger bekannt und populär. Als Mönch hatte er einen Klosterdiener getötet und wurde deswegen zu schweren Arbeiten nach Sibirien versandt. Unter den Bolschewiken ist er zurückgekommen und hatte bald eine hohe Stellung unter den Diabolisten inne.
Der Diabolismus zählt jetzt in Rußland viele Anhänger und ist im Besitze großer Kapitalien, die fleißig vermehrt werden. Eine energische Propaganda dieser Idee hat stattgefunden, wofür es spezielle Verlagsanstalten gab. Dadurch, sowie durch den Glanz seines Rituals zieht der Teufelsglaube immer mehr Leute heran, Menschen, die in der Häßlichkeit und Sklaverei des russischen Lebens sich nach Eindrücken sehnen, nach neuen Richtlinien, nach einer nervösen Anregung, da Gefängnis, die Todesstrafe, Quälerei, Hunger und Elend die Menschen nicht mehr aufzupeitschen vermögen.
Die Menschen sind gleichgültig geworden und man muß etwas haben, um leben zu können so werden sie durch Sekten, durch Ausschweifung, Morphium und den Diabolismus angelockt.
Die Sekten sind den Sowjets und dem russischen Kommunismus feindlich, die anderen Elemente sind ihm erwünscht. Daher war die innere Sowjetpolitik darauf gerichtet, der Ausschweifung Vorschub zu leisten, um damit die Bande der Familie, der Gesellschaft, des Staates und der Zivilisation zu lockern und auf diese Weise die Hindernisse und den Widerstand gegen ihr System zu besiegen. So ist die Toleranz des Staates für die Ausschweifung und das lockere Leben bei der Jugend, bei den Erwachsenen und bei Kindern wohl zu verstehen. Der Diabolismus ist natürlich der Gipfel jeglicher Ausschweifung und darum ist er dem offenen und geheimen Entgegenkommen seitens der staatlichen Behörden begegnet.
Der Teufel scheint doch auf die Erde gekommen zu sein …
Die Sektierer, die Priester und Priesterinnen, die Satansanbeter
Ferdynand Antoni Ossendowski: Schatten des dunklen Ostens. Eurasia, Wien 1924, Seite 85. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ossendowski_-_Schatten_des_dunklen_Ostens.djvu/89&oldid=- (Version vom 15.9.2022)