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leicht zu bearbeitenden Boden, der größern oder mindern Kultur des Landes[1], der Bauart der Wohnungen, und der Tempel und der Vesten, in eben so genauer Verbindung stehen, als mit den Stuffen der Geistesbildung, mit der Religion eines Volks und mit der Regierungsverfassung.


  1. Den Einfluß des Klima und des Bodens eines Landes auf den Charakter seiner Bewohner und der Aeusserungen desselben, anschaulicher zu machen, mag hier eine Stelle aus „Georg Vancouders Entdeckungs-Reise in der Südsee, von 1790-95.“ stehen. – Zu Woahu (einer der Sandwichs Inseln) muß der arme Insulaner, sowohl beim Pflanzen, als Gäten und Einsammeln, beinah beständig bis an den Gürtel in Sumpf und Koth stecken, und die brennenden Strahlen einer scheitelrechten Sonne ertragen. In Otaheite’s Ebnen hingegen, bringt der Boden freiwillig, ohne Arbeit und Mühe der glücklichen Bewohner, den größten Ueberfluß eßbarer Früchte und Wurzeln hervor, indeß ganze Wälder von hohen, schattenreichen Brodfruchtbäumen, Palmen und Aepfelbäumen, diesen beglückten Insulanern die lieblichste Kühlung gewähren; ein Genuß, der den Bewohnern der Sandwichs-Inseln beinah gänzlich unbekannt ist. Eben dieser Unterschied, welcher den Boden bezeichnete, schien auch den Charakter [13] der Einwohner auszudrücken. „Bei unserer Landung auf Otaheite strahlte uns Freundschaft und Freude aus jedem Gesicht entgegen. Jedermann strebte, unsern Wünschen und Bedürfnissen mit der freundlichsten Sorgfalt zuvor zu kommen; man nöthigte uns in jedes Haus, um Erfrischungen einzunehmen, und überall herrschte eine Gastfreiheit, die man jetzt vergebens unter den gebildetesten Völkern suchen würde. Zu Woahu hingegen wurden wir mit finstrer Kälte betrachtet. Unsre Bedürfnisse erregten nichts als Gleichgültigkeit, man bot uns keine Erfrischungen an, und niemand nöthigte uns in seine Hütte. Ihre fremde Höflichkeit schien bloß von dem Verlangen herzurühren, das gute Vernehmen mit Freunden zu unterhalten, von denen viel zu gewinnen war, und welchen man auf andre Art nicht beikommen konnte.“ – Die Anwendung auf die Verschiedenheit der Darstellungsart und der Erzählungen dieser durch ihre verschiedene Lage so verschieden gestimmten Völkerschaften, ist leicht.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Karl Christoph Nachtigal: Volcks-Sagen. Wilmans, Bremen 1800, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Otmar_Volcks-Sagen.pdf/12&oldid=- (Version vom 1.8.2018)