Seite:P. Florian Baucke, ein deutscher Missionär in Paraguay (1749 - 1768).pdf/113

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Für die Fastenzeit hatte ich eingeführt, daß während dieser der Betrachtung des Leidens unseres Herrn gewidmeten Tage keiner auf das Feld oder in den Wald gehen durfte. Am Mittwoch und Freitag sollten sie der Predigt und noch einem besondern Unterrichte über die Beichte beiwohnen. Jede einzelne Woche mußte ein Kazike mit seinen Untergebenen erscheinen, die Weiber nach der heiligen Messe, die Männer um 5 Uhr nachmittags; dabei wiederholte ich ihnen die ganze christliche Lehre. Am Donnerstag wurden sie in der Kirche, nach dem Geschlechte abgeteilt, geprüft; sie antworteten kniend mit aufgehobenen Händen. Freitags und Samstags beichteten sie, Sonntags gingen sie zum Tische des Herrn. So hielt ich es jede Woche mit einer Abteilung, bis alle meine Gläubigen das Gebot der Kirche erfüllt hatten. Am Karfreitag wurde ein feierlicher Umgang gehalten, bei dem einige besonders Andächtige Kreuze schleppten, andere sich mit fünf zusammengerollten Riemen geißelten und der Rosenkranz gebetet wurde. Darauf hielt ich die an diesem Tage gebräuchlichen Zeremonien, errichtete ein heiliges Grab auf dem Hochaltare, nach römischer und spanischer Sitte mit großer Beleuchtung. Bei allen diesen gottesdienstlichen Handlungen wurde ich durch die ungeheuchelte Frömmigkeit meiner lieben Pfarrkinder jederzeit erbaut.


Eine politisch-religiöse Festfeier.

Wie ich am Karfreitag den Umgang veranstaltete, um meinen Indianern ehrerbietige Untertänigkeit gegen den Herrn des Himmels und der Erde einzuflößen, so bestimmte ich einen andern Umgang, um ihnen jährlich auf feierliche Art ihre schuldige Unterwürfigkeit gegen den König von Spanien ins Gedächtnis zu rufen. Ich ahmte darin die Sitte der spanischen Städte nach, die auf solche Weise die Indianer als spanische Untertanen eine Art wiederholter Huldigung leisten lassen. Man pflegt diesen Umgang am Festtage des Stadtpatrons zu halten. Die Bewohner der Stadt und die Obrigkeiten erscheinen in Abteilungen, jede von einem Vorsteher geführt; einer der Vornehmsten wird gewählt, die Person des Königs vorzustellen, und wird der „königliche Fähnrich“ genannt. Einen solchen Aufzug ließ auch ich am Feste des hl. Franz Xaver, des Schutzpatrons unserer Kolonie, jährlich halten. Einer aus den Kaziken wurde zum königlichen