Hierpunkt des Raumes verlegen müssen. Der in den Hierpunkt verlegte Jetztpunkt verdeckt in unserer unmittelbaren Wahrnehmung die unendliche Mannigfaltigkeit aller vergangenen und zukünftigen Zeitpunkte. Und dieses Verdecken ist ein notwendiges, ein unausweichliches, denn es ist uns unmöglich, Vergangenes oder Zukünftiges mit sinnlicher Unmittelbarkeit wahrzunehmen. Dies ist in der unwandelbaren Natur unseres menschlichen Bewußtseins begründet, und ist im Grunde nichts anderes als ein Ausdruck der Thatsache, daß wir gezwungen sind, die sinnliche Erscheinungswelt als eine zeitliche aufzufassen. Das Verdecken der Mannigfaltigkeit aller Zeitpunkte durch den Hierpunkt ist aber bloß ein anderer Ausdruck für die Thatsache des Zusammenfassens des Zeitenlaufes in eine Einheit. Es ist nun gut, den Unterschied der beiden Ausdrücke des Verdeckens und des Zusammenfassens je schärfer hervorzuheben. Spreche ich von einem Verdecken aller Zeitpunkte durch den Hierpunkt, so denke ich daran, daß dieses psychische Phänomen unabhängig von meinem Willen, d. h. naturnotwendig stattfindet. Sage ich aber, daß ich alle Zeitpunkte in dem Hierpunkt zusammenfasse, so will ich damit ausdrücken, daß ich dieses Zusammenfassen als eine Denkthat meines Bewußtseins, d. h. in einer Abhängigkeit von meinem Willen, betrachte. Die Denkthat des Zusammenfassens aller Zeitpunkte in den Hierpunkt findet also in dem psychischen Phänomene der Verdeckung eine Anleitung, und zwar eine nötigende Anleitung, der ich in der unmittelbaren sinnlichen Wahrnehmung nicht auszuweichen vermag. Ich darf demnach das Zusammenfassen aller Zeitpunkte in den Hierpunkt, da es durch die unvermeidliche psychische Verdeckung der Zeitpunkte veranlaßt wird, als ein naturnotwendiges Zusammenfassen aller Zeitpunkte erklären, mithin auch die Dimension der Zeit als die naturnotwendige Grunddimension meines Bewußtseins
Menyhért Palágyi: Neue Theorie des Raumes und der Zeit. Wilhelm Engelmann, Leipzig 1901, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PalagyiRaumzeit.djvu/38&oldid=- (Version vom 1.8.2018)