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ich mich an die Bestattung der Leiche. Nahe am Grabe lag ein Spaten und eine Hacke. Die Hacke ergriff ich, gab dem Kutscher den Spaten und so begannen wir das Grab mit Erde zu füllen. Unsere Arbeit dauerte ungefähr eine halbe Stunde und als wir sie beendigt hatten, waren die beiden Weiber, ohne auf die Ankunft des Pastors zu warten, schon fortgegangen. Auch der Kutscher setzte nun seine Mütze auf und fuhr zurück, so dass ich und das Mädchen allein blieben.

Endlich kam der Pastor und las aus einem Büchlein verschiedene Gebete vor, worauf er uns, nämlich ihr und mir, eine kleine Trostrede hielt, in welcher er darlegte, dass der Tot unser aller harret, dass nur die Kleinmütigen ihn fürchten u.s.w. Mit der Überzeugung, das Mädchen getröstet zu haben, ging er dann, mit sich selbst zufrieden, fort, um am Grabe anderer Verstorbenen dasselbe zu wiederholen.

Der Wind wehte stark, fegte den frischen Schnee auf und in den Wipfeln der Nadelbäume brausend, sang er tausend unheimliche Weisen, die so ganz der Trauer des Augenblicks entsprachen.

Es war schon gegen drei Uhr Nachmittag und mir mangelte fast die Kraft, die Kälte noch länger zu ertragen.

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Rafael Patkanjan: Drei Erzählungen. Wilhelm Friedrich, Leipzig [1886], Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PatkanjanDreiErz%C3%A4hlungen.pdf/120&oldid=- (Version vom 1.8.2018)