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von dem armen, unerfahrenen Mädchen Sachen im Werte von nicht weniger als hundert Rubeln erpresst hatten. Doch was war zu thun, es war einmal geschehen!

„Auf welche Weise haben Sie denn dieses Klavier gerettet?“ fragte ich.

„Ach, mein Herr, fragen Sie nicht! Es war hier in dieser fremden Stadt für mich und meine Mutter der einzige Trost auf Erden. Ohne Leidgefühl habe ich meine Kleider hingegeben, meine Schmucksachen, Bücher, Bettzeug, sogar meinen Wintermantel, um nur dieses Klavier noch einige Tage zu besitzen. Allerdings wird mich früher oder später die Not zwingen es zu verkaufen, aber ich habe mir das Wort gegeben, dass ich diesen Ring, welchen mir meine Mutter in der Sterbestunde überreicht hat, eher verkaufe als dieses Klavier. Ach, mein Gott, soll wirklich der Tag kommen, da ich das letzte Andenken meiner Mutter …“

Als ich erfuhr, dass dieser Ring nicht ein Verlobungspfand, sondern ein Andenken ihrer Mutter sei, beruhigte ich mich, als wäre mir eine schwere Bürde von den Schultern gefallen.

„Verzagen Sie nicht!“ sagte ich, „vor solcher Not wird Sie Gott bewahren. Mein Herz sagt mir, dass Sie bald auf würdige Weise

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Rafael Patkanjan: Drei Erzählungen. Wilhelm Friedrich, Leipzig [1886], Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PatkanjanDreiErz%C3%A4hlungen.pdf/146&oldid=- (Version vom 1.8.2018)