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Marie. Sie war traurig und ihr Gesicht noch blasser als gestern. Auf dem Tische bemerkte ich keinerlei Spuren eines Frühstücks und es war augenscheinlich, dass sie noch nichts genossen hatte. Den beiden Weibern schien mein Kommen nicht zu gefallen und sie brummten etwas vor sich hin, wagten es jedoch nicht ihrem Unwillen in lauten Worten Ausdruck zu geben. Meine gestrige Drohung musste gewirkt haben. „Gebt schnell die Theemaschine her!“ rief ich mit gebieterischem Tone.

Zu unserem Ergötzen imponierten die Studenten durch ihre Uniform und ihren Degen und gemeine Soldaten salutierten sogar vor uns, was uns besonders schmeichelte, wenn wir mit unseren Liebchen spazieren gingen.

Als ich meine Esswaren ausgepackt hatte, bemerkte ich, dass Marie viel munterer geworden war. Es war leicht zu erkennen, dass sie hungerte und die mitgebrachten Sachen Appetit bei ihr erregten.

Ach, dieser Hunger! Gott behüte meinen schlimmsten Feind davor!

Während des Essens erheiterte sich allmälig unsere Stimmung, ja, wir begannen sogar zu scherzen und beim Glase Thee schienen die schmerzlichen Eindrücke des gestrigen Tages fast aus unserem Gedächtnisse zu schwinden.

Empfohlene Zitierweise:
Rafael Patkanjan: Drei Erzählungen. Wilhelm Friedrich, Leipzig [1886], Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PatkanjanDreiErz%C3%A4hlungen.pdf/167&oldid=- (Version vom 1.8.2018)