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„Ich muss dir die Geschichte der armen Kati erzählen. Aber mag sie unter uns bleiben. Sieh dich vor, dass du dich nicht verschappst. Höre mit einem Ohre und lass es zum andern wieder hinaus gehen! Ja, sei vorsichtig, lieber Nachbar. Sage niemand ein Wort davon. Ob es wahr ist oder eine Lüge, das bleibt sich gleich, ich will’s dir erzählen, wie ich’s selbst gehört habe. Die Wahrheit kennt nur Gott.

„Es war ein Kriegsjahr und durch unsere Stadt zogen scharenweise die Soldaten. Die einen blieben hier zwei, drei Tage, die andern, wenn sie gerade eilten, zogen durch ohne zu rasten. Katis Vater, der Lasar, war damals in Charkow auf dem Jahrmarkte, verkältete sich dort, wurde krank und musste einige Zeit dort bleiben. Als er endlich zurückkam, begann schon der Jahrmarkt in Rostow, er muss also wohl vier oder fünf Monate dort geblieben sein. Während dieser ganzen Zeit sah er seine Frau nicht. Merke dir das gut, damit du die ganze Sache verstehst! Damals lagen bei uns allen Soldaten in Einquartierung, nun und auch bei Lasar quartierten sie einen Offizier und drei Soldaten ein. Nach vier Tagen kommt der Befehl zum Ausmarsch, aber der Offizier wird plötzlich schwer krank. Sie holen Ärzte, schreiben Rezepte, bringen aus der Apotheke

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Rafael Patkanjan: Drei Erzählungen. Wilhelm Friedrich, Leipzig [1886], Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PatkanjanDreiErz%C3%A4hlungen.pdf/28&oldid=- (Version vom 1.8.2018)