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er 1804 statt nur 2 Tlr. monatlich 10 Tlr. Gehalt bekommen, so ging er zum Sprachlehrer und zum Tanzlehrer. Er wollte hinter seinen Cousinen, den Töchtern des Buchhalters und Kassierers, nicht zurückbleiben, um so weniger, als er mit 18 Jahren sich es bereits fest in den Kopf gesetzt hatte, die 13 jährige Cousine Emilie Salome Winkler dereinst als seine Frau heimzuführen!

Jahrelang hat er diese Liebe treulich mit sich getragen, seinem Amte aber so ernstlich obgelegen, daß er das unein­geschränkte Lob seines Vorgesetzten erhielt.[1] Sobald sich Ge­legenheit zur Beförderung bot, empfahl ihn dieser als einen jungen Mann, der eine sehr gute Hand schreibe und zu allen tabellarischen Arbeiten gut zu gebrauchen sei. Er rühmte ihn in einem amtlichen Schreiben an die vorgesetzte Behörde als einen „treuen und brauchbaren und für das höchste Interesse sorgsamen Mann“ wegen seines Verhaltens bei der Flucht der Kasse von Dresden nach Görlitz 1806, zur Zeit, da Kaiser Napoleon im Feldzuge gegen Preußen, mit dem Sachsen verbunden war, im Kurstaat einrückte. Der junge Rachel hatte hierbei die möglichste Sorgfalt wegen Sicherheit der bepackten Wagen angewendet.

Diese bewegten Tage waren für das junge, sich liebende Verwandtenpaar noch dadurch bedeutungsvoll geworden, daß ihm die Geliebte am Tage vor der Abreise „ewige Freundschaft“ schwur. Wie überschwenglich unsere Altvorderen ihre Liebe zum Ausdruck brachten, dafür zeuge der Glückwunsch, den der junge Mann seiner heimlich Verlobten in jener Zeit zu ihrem Geburts­tage schrieb. Er lautet:

Empfindungen
am
Morgen des Lebenstages
meiner theuren
Emilie.


Noch ruhet nächtliches Schweigen auf der ganzen Natur, und nur einzelne Vögel schwirren durch die Luft. Aber der

schöne Tag, der Lebenstag meiner theuren Emilie, ist schon
  1. H. St. A. Die Kassenbillets-Commissions-Akten Loc. 32 736 geben hierfür mancherlei Nachweise.
Empfohlene Zitierweise:
Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/24&oldid=- (Version vom 2.3.2024)