Seite:Paul Rachel Altdresdner Familienleben.pdf/32

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Wenige Wochen nach diesem Briefe erhielt er wirklich 100 Tlr. Zulage, so daß er nun 400 Tlr. Gehalt hatte. „Glücklich war ich nun wie ein König!“, schreibt er in seinem Tagebuche; „gegen Abend, es war ein schöner Augusttag, ging ich mit meiner Emilie über Neustadt die Königsbrückerstraße hinaus spazieren. O wie selig fühlten wir uns in der Überzeugung, daß unsere baldige Vereinigung nun nahe war!! Den 11. Oktober, den Geburtstag der Mama, benutzte ich nun, um förmlich bei ihr um meine Emilie schriftlich anzuhalten. Meine Bitte wurde gewährt, wobei der Papa noch den Spaß machte und zu mir sagte: ‚Mich gehts gar nichts an, denn Du hast bei mir gar nicht deshalb angefragt.‘ Den zweiten Weihnachtsfeiertag war Ver­lobung, wozu die Mama die Verwandten, Finanzprokurator Haase und Schulrat Günthers eingeladen hatte.“ Im Mai des Jahres 1812, gerade kurz vor den glänzenden Festtagen, die Kaiser Napoleon vor seinem Marsch nach Rußland in Dresden abhielt, machte das Brautpaar mit der Schwester der Braut und dem Finanzkommissar Zange nebst Ehefrau eine Reise ins „Ertzgebürge“ und nach Carlsbad. Merkwürdigerweise lautet der unter dem 12. Mai ausgestellte Paß auf ihn, seine Frau und seine Schwägerin, gewiß um sie beide als Beschützerin der jüngeren Schwester einzuführen.

Erst am 21. Juli 1812 fand die Trauung in der Kreuz­kirche ganz einfach statt. Nach dem Hochzeitsmahle, an dem nur einige Verwandte teilnahmen, ward etwas getanzt. Die Freunde, darunter der Königl. Hofbuchdrucker Meinhold, mit dem Rachel bis an dessen Lebensende in treuer Freundschaft lebte, hatten ein sehr schwungvolles Hochzeitsgedicht in Atlas­einband gestiftet. „Gegen Morgen ging ich mit Emilie von der kleinen Schießgasse aus über den demolierten Wallplatz nach Hause. Auf der Rammischen Gasse (jetzt Pillnitzer Straße) kamen uns die Ostraschnitter mit dem Morgengesange: Für deinen Thron tret ich hiermit usw. entgegen. Am andern Morgen besuchten uns liebe Verwandte! Dieser Morgen war für uns sehr feierlich, und nie werde ich vergessen, wie glücklich ich mich fühlte, als ich zu Mittage mit meiner lieben Emilie zum ersten­male in meiner Einrichtung essen konnte.“

Empfohlene Zitierweise:
Paul Rachel: Altdresdner Familienleben. Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1915, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Paul_Rachel_Altdresdner_Familienleben.pdf/32&oldid=- (Version vom 3.3.2024)