daher nicht seine eigenen Gedanken verfolgen, noch seine eigenen Worte reden; das heißt: er muß unter der Zucht des heiligen Kreuzes ein wahres Schweigen beobachten; er muß in seinem Innern von allen verworrenen Einbildungen und zerstreuenden Vorstellungen sich abwenden, die sonst in dieser heiligen Zurückgezogenheit nur zu häufig auf das Gemüth einzudringen und dasselbe niederzudrücken pflegen. Denke ja nicht, der Allmächtige sei durch wohlgeordnete Vorträge zu gewinnen, oder daß die gewähltesten Ausdrücke etwas bei ihm ausrichten werden. Nein, das Seufzen und Sehnen einer verwundeten Seele, ein Herz, von wahrer Reue durchdrungen, eine aufrichtige und göttliche Traurigkeit, vom Geiste des Herrn gewirkt, dieses sind Dinge, die bei Gott gelten, und Alles über ihn vermögen. Darum suche dein Gemüth im Schweigen zu erhalten, und harte und warte, bis du etwas Göttliches in dir fühlest, das dein Herz vorbereiten und geschickt machen kann, Gott in der Wahrheit und auf eine ihm wohlgefällige Art anzubeten. Und wenn du so das Kreuz gegen deine Selbstliebe aufnimmst, wenn du die Thüren und Fenster deiner Seele gegen Alles verschließest, was ein solches aufmerksames Harren auf Gott unterbrechen könnte; möchte der Gegenstand, der deine stille Aufmerksamkeit stört, an sich auch noch so angenehm, möchte er zu andern Zeiten auch noch so erlaubt oder nothwendig seyn; dann wird die Kraft des Allmächtigen dich überschatten, sein Geist wird dein Herz bearbeiten und zubereiten, daß es ein wohlgefälliges Opfer darbringen kann. Er ist es, der der Seele ihre Mängel entdeckt, und sie dieselben fühlen läßt, und wenn sie dann nach Hülfe seufzt und schreiet, so ist Er es allein, der
Wilhelm Penn: Ohne Kreuz keine Krone. Georg Uslar, Pyrmont 1826, Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Penn_Ohne_Kreuz_keine_Krone.djvu/097&oldid=- (Version vom 1.8.2018)