seinem Stande, seinen Verdiensten und seinen Eigenschaften gebühret. Es bedarf nur einer geringen Kleinigkeit, um den Stolzen zu Zank und Streit zu bewegen; denn er ist unter allen menschlichen Geschöpfen das eifersüchtigste, eigensinnigste, feindseligste und rachsüchtigste, und es ist ihm eben so unmöglich Beleidigungen zu vergeben, als er es unterlassen kann, sie Andern zuzufügen.
§. 5. Ueberdieß kann ein Stolzer nie Jemands Freund seyn. Denn sobald es seine Ehre oder sein Emporsteigen gilt, wird immer sein Ehrgeiz die Bande der Freundschaft zerreißen; und dann ist er auch zu ungesellig. Er nimmt weder Unterricht noch Rath, noch vielweniger Zurechtweisung an, und kann durchaus keinen Widerspruch ertragen. Auch ist er mit den Einsichten, die er zu besitzen glaubt, so geitzig, daß er Andern Nichts davon abgeben oder sich ihnen nicht mittheilen will. Kurz, er ist zu sehr von sich eingenommen und viel zu unbiegsam und empfindlich, als daß er irgend Jemand solche Freiheiten einräumen sollte, als wahre Freundschaft fordert. Eigentlich ist ihm der wahre Charakter der Freundschaft verächtlich; es scheint ihm zu viel Vertraulichkeit und Erniedrigung darin zu liegen. Seine erhabene Seele wünscht nur ihre eigene Größe zu kennen, und Alles um sich her in tiefer Abhängkeit zu sehen. Daher schätzt er die Menschen auch, wie man gewöhnlich das Vieh schätzt, nämlich nach Maßgabe des Nutzens, den es gewährt; und wenn er könnte, so würde er sie auch so behandeln; aber glücklicher Weise sind sie ihm an Anzahl und Kraft überlegen.
§. 6. Wenn aber ein Stolzer Gewalt hat, so ist er höchst schädlich; denn sein Ehrgeiz wird durch seine Größe
Wilhelm Penn: Ohne Kreuz keine Krone. Georg Uslar, Pyrmont 1826, Seite 230. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Penn_Ohne_Kreuz_keine_Krone.djvu/238&oldid=- (Version vom 1.8.2018)