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Seite:PhiloCongrGermanLewy.djvu/046

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Philon: Über das Zusammenleben um der Allgemeinbildung willen (De congressu eruditionis gratia) übersetzt von Hans Lewy

Ortes ‘Bitterkeit’ genannt. Und das Volk murrte wider Moses und sprach: ‘Was sollen wir trinken?’ Da schrie Moses zu Gott, und der Herr zeigte ihm ein Holz. Er warf es ins Wasser, und das Wasser ward süß. Hier legte er ihm Gesetz und Recht auf und hier prüfte er ihn“ (2 Mos. 15, 23–25). 164 Die ungewisse Prüfung und Untersuchung der Seele besteht nämlich darin, daß man sich abmüht und es sich bitter werden läßt; denn es ist schwer zu entscheiden, wohin sich die Schale neigen wird. Die einen werden vorzeitig matt und fallen ab, da ihnen die Mühsal (der Askese) als eine allzu starke Gegnerschaft erscheint, lassen wie Athleten, die den Widerstand aufgeben, die Hände sinken[1] und beschließen, wieder nach Ägypten zum Genuß der Leidenschaften zurückzulaufen. 165 Die anderen aber nehmen die Furchtbarkeiten und Schrecknisse der Wüste mit großer Kraft und Ausdauer auf sich, kämpfen den Wettkampf des Lebens ungebrochen und unbesiegt bis zu Ende durch, leisten dem Zwang ihrer Natur Widerstand und unterwerfen sich Hunger, Durst, Frost, Kälte und Hitze, und allem, was die anderen zu versklaven pflegt, mit dem Übermaß ihrer Kräfte. 166 Die Ursache (dieses Sieges) ist nicht bloß die Anstrengung, sondern auch deren Verbindung mit der Süßigkeit. Denn es heißt: „Das Wasser wurde süß.“ Eine süße und angenehme Mühe heißt aber mit anderen Worten „Liebe zur Mühe“.[2] Denn das Süße an der Mühe ist die Leidenschaft, die Sehnsucht, der Eifer und die Liebe zum Schönen. 167 Niemand möge darum eine solche Peinigung von sich weisen oder gar meinen, daß die Mahlzeit des Festes und des Frohsinns zum Schaden und nicht zum Nutzen „Brot der Drangsal“ genannt werde. Denn die zurechtgewiesene Seele[3] wird von den Lehren der wahren Bildung gespeist. [30] 168 Dieses ungesäuerte Gebäck ist so heilig, daß ein göttlicher Ausspruch befiehlt, zwölf ungesäuerte Brote, d. h. die gleiche Zahl wie die der Stämme, auf dem goldenen Tisch im Allerheiligsten vorzusetzen (2 Mos. 25, 29). 169 Sie heißen darum „Brote der Vorsetzung“.[4] Außerdem ist durch Gesetz verboten, jeglichen Sauerteig und Honig zum Altar zu bringen (3 Mos. 2, 11)[5]. Denn es ist schwierig, die Süßigkeit

Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über das Zusammenleben um der Allgemeinbildung willen (De congressu eruditionis gratia) übersetzt von Hans Lewy. H. & M. Marcus, Breslau 1938, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloCongrGermanLewy.djvu/046&oldid=- (Version vom 10.12.2016)
  1. S. o. § 161 Anm. 3.
  2. φιλοπονία (aus φίλος und πόνος zusammengesetzt). [Philo faßt γλυκύς und ἡδύς als Synonyma von φίλος. M. A.]
  3. D. i. Hagar.
  4. Vgl. Über die Einzelgesetze II § 161.
  5. Vgl. Über die Einzelgesetze I § 291f.