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Philon: Über die Unveränderlichkeit Gottes (Quod Deus sit immutabilis) übersetzt von Hans Leisegang

müht; sie läßt die Sechszahl hinter sich, die er denen zuwies, die den ersten Preis nicht zu erlangen vermochten und sich daher notgedrungen um den zweiten bemühen müssen. 13 Die „Starre“ also, nicht die Erstarrte, sondern die Starke und Kraftstrotzende,[1] die durch Enthaltsamkeit, Tapferkeit und Ausdauer die Wettkämpfe um den Besitz des Besten ausficht, mußte natürlich die der Sieben gleichwertige Einheit gebären; denn fruchtbar und kinderreich ist ihre Natur. 14 Die aber reich an Kindern sei, ermatte, heißt es unstreitig und sehr deutlich. Denn wenn eine einzelne Seele viele Geburten hatte und sich von dem Einen entfernte, dann wird sie natürlich vielfältig und ermattet sodann, wenn sie durch die Menge der an ihr hängenden Kinder beschwert und bedrückt wird; – die meisten von ihnen sind jedoch Früh- und Fehlgeburten. 15 Sie gebiert nämlich die durch die Augen erweckten Begierden nach Formen und Farben, sie gebiert die durch die Ohren erweckten nach Tönen, sie geht schwanger auch mit den Leibes- und Geschlechtsgelüsten, so daß sie, unter der schweren Last der an ihr hängenden Sprößlinge erschlafft und die Hände vor Entkräftung sinken lassend, erschöpft wird. Auf solche Weise bezwungen zu werden, kommt allen denen zu, die für sich selbst als für vergängliche Wesen Vergängliches zeugen. [4] 16 Einige aber [275 M.] wurden sogar durch die Selbstsucht nicht nur niedergezwungen, sondern sogar getötet. Daher hörte Onan, „als er merkte, daß der Same nicht ihm gehören werde“ (1 Mos. 38, 9), nicht eher auf, das vernünftige Denken, das vorzüglichste unter den existierenden Dingen, zu verderben, als bis er selbst völlige Vernichtung erfahren hatte, durchaus richtig und nach Gebühr. 17 Denn wenn Einzelne alles um ihrer selbst willen tun wollen, ohne sich um, die Ehrung der Eltern, die Wohlerzogenheit der Kinder, das Heil des Vaterlandes, den Schutz der Gesetze, die Sicherung der Sitten, die Wohlfahrt der Einzelnen und der Gesamtheit, die Achtung vor den Heiligtümern und die Frömmigkeit gegen Gott zu kümmern, werden sie ins Unglück geraten. 18 Denn für eines der Dinge, die ich nannte, auch das Leben selbst hinzugeben, ist rühmlich; sie aber sagen, daß sie alle die so erstrebenswerten Dinge verachten würden, wenn sie nicht irgendeinen Genuß mit sich bringen sollten. Daher nimmt der unbestechliche Gott den üblen Vertreter einer widernatürlichen Anschauung

Anmerkungen (Wikisource)

Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über die Unveränderlichkeit Gottes (Quod Deus sit immutabilis) übersetzt von Hans Leisegang. H. & M. Marcus, Breslau 1923, Seite 75. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloDeusGermanLeisegang.djvu/4&oldid=- (Version vom 3.2.2022)
  1. Philo verwertet den Doppelsinn von στεῖρος, das an der Bibelstelle, wie der MT zeigt, unfruchtbar bedeuten soll, aber auch fest, unnachgiebig bedeuten kann. Anders deutet er die Stelle De mut. nom. § 143f.