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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt

Mann so viele Myriaden heraufgeführt hat. Daher sind sie um Vorbedeutungen und alle andern Wahrsagekünste unbekümmert im Vertrauen auf den Einen, den Lenker des Weltalls. Ich sehe das Volk sich aufrichten wie einen jungen Leu und wie einen Löwen stolz einherschreiten. Es wird an Jagdbeute sich sättigen, und als Trank wird ihm der Verwundeten Blut dienen, und gesättigt wird es nicht dem Schlafe sich hingeben, sondern wach das Siegeslied [p. 126 M.] singen“.

285 (52.) Unmutig über das wider Erwarten ungünstige Ergebnis der Mantik sprach der König: „Mensch, sprich weder Fluch noch Segen aus; denn besser als unangenehme Rede ist das ungefährliche Schweigen“. Und trotzdem, als hätte er seine Worte vergessen, führte er in seinem Wankelmut den Seher an einen andern Ort, von wo er ihm einen Teil des Hebräerheeres zeigte und ihn aufforderte, es zu verwünschen. 286 Dieser war noch schlechter als jener; obwohl er gegen die erhobenen Anklagen nur die eine wahre Entschuldigung hatte, was er sage, sei nicht sein eigen, sondern er sei unter dem Zwange der göttlichen Eingebung nur der Dolmetsch eines andern, und obwohl er nicht mehr hätte mitgehen, sondern nach der Heimat aufbrechen sollen, eilte er noch eifriger als sein Begleiter vorwärts, teils von dem schlimmen Fehler des Eigendünkels getrieben, teils aber auch im Herzen von dem Wunsche zu fluchen erfüllt, wenn er auch in Worten daran gehindert wurde. 287 Er kam auf einen Berg, der noch grösser als die früheren war und sich weithin erstreckte, und befiehlt dort, nach Errichtung von sieben Altären dasselbe Opfer, abermals vierzehn Opfertiere, zwei, ein Kalb und einen Widder, auf jedem Altare, darzubringen. Er selbst aber trachtete natürlich nicht mehr nach Vorbedeutungen und Vorzeichen[1] und schmähte seine Kunst bitter, die durch die Zeit wie Schriftzüge verblasst und ihrer richtig treffenden Zielsicherheit verlustig gegangen sei. Ausserdem merkte er allmählich, dass die Absicht des Königs, der ihn


  1. d. h. er ging sofort an die Weissagung, ohne wie vorher nach dem Willen der Gottheit durch Beobachtung von Zeichen zu forschen (vgl. 4 Mos. 24,1).
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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 286. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloMos1GermanBadt.djvu/072&oldid=- (Version vom 1.8.2018)