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Philon: Ueber die Weltschöpfung (De opificio mundi) übersetzt von Joseph Cohn

muss aber in Gedanken ergänzen, dass auch von allen anderen Dingen, die die Sinne unterscheiden, vorher die [31 M.] älteren Formen und Masse vorhanden waren, nach denen alles Gewordene gestaltet und bemessen wurde; denn wenn er auch nicht alle Dinge insgesamt Stück für Stück durchgeht, da er sich wie nur irgend einer der Kürze befleissigt, so sind nichtsdestoweniger schon die wenigen genannten Dinge (hinreichende) Beweise für die Allnatur, die ohne ein unkörperliches Vorbild keines der Dinge in der Sinnenwelt erzeugt.

[45.] 131 Indem er nun die Reihenfolge festhält und auf die Verbindung des Folgenden mit dem Vorhergehenden genau achtet, sagt er weiter: „Eine Quelle aber stieg auf von der Erde und tränkte die ganze Oberfläche der Erde“ (1 Mos. 2,6)[1]. Die Philosophen behaupten, sämtliches Wasser sei eins von den vier Elementen, aus denen die Welt geschaffen wurde. Moses aber, der gewohnt ist, selbst das Fernliegende mit schärferen Augen gründlich zu betrachten und zu erfassen, hält für ein Element und für den vierten Teil des Weltganzen nur das grosse Meer (das salzhaltige Wasser), das die Späteren Ocean nennen, in dem, wie sie glauben, unsere schiffbaren Meeresflächen nur etwa die Grösse von Häfen haben[2]; das süsse und trinkbare Wasser aber unterschied er von dem Meerwasser, rechnete es zur Erde und sah es als einen Teil der Erde, nicht des Meeres, an, (und zwar ist es dies) aus dem schon früher erwähnten Grunde, damit die Erde durch die süsse Beschaffenheit (des Wassers) nach Art eines kittenden Leimes wie durch ein festes Band zusammengehalten werde; denn wäre sie trocken geblieben und nicht eine Flüssigkeit hinzugekommen, die vielfach gespalten durch

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Philon: Ueber die Weltschöpfung (De opificio mundi) übersetzt von Joseph Cohn. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloOpifGermanCohn.djvu/51&oldid=- (Version vom 9.9.2019)
  1. In den Worten 1 Mos. 2,6 sieht Philo wiederum nur eine Wiederholung von 1 Mos. 1,9.10 (Scheidung von Meer und Erde und Unterscheidung von Meerwasser und Süsswasser). Die folgenden Ausführungen § 131–133 sind daher im wesentlichen auch nur eine Wiederholung des Gedankens, der bereits § 38 erörtert ist.
  2. Im Verhältnis zu der grossen Ausdehnung des Oceans nehmen sich die im Altertum am besten bekannten Teile des Mittelländischen Meeres wie Häfen oder Buchten aus.