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Seite:PhiloOpifGermanCohn.djvu/66

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Philon: Ueber die Weltschöpfung (De opificio mundi) übersetzt von Joseph Cohn

die besten und schönsten von allen sind aber folgende fünf: die erste, dass Gott existiert und waltet, gibt er uns wegen der Gottlosen, die teils über sein Dasein Zweifel hegen und hin und her schwanken[1], teils mit grosser Keckheit sich erdreisten zu behaupten, dass er überhaupt nicht existiere und dass das nur von Menschen behauptet werde, die die Wahrheit durch mythische Gebilde verdunkeln. 171 Die zweite, dass Gott einzig ist, wegen der Vertreter der Vielgötterei, die so schamlos sind, die schlechteste der schlechten Staatsverfassungen, die Massenherrschaft, von der Erde in den Himmel zu verpflanzen. Die dritte, dass die Welt, wie gesagt, geschaffen ist, mit Rücksicht auf diejenigen, die da meinen, dass die Welt unerschaffen und ewig ist, und Gott gar nichts zuschreiben. Die vierte Lehre ist, dass auch die Welt einzig ist, weil der Schöpfer einzig ist, der durch die Einzigkeit sein Schöpfungswerk sich selbst gleich machte und den ganzen Urstoff zur Erschaffung des Alls verwandte[2]; denn ein Ganzes wäre es nicht, wenn es nicht aus allen Bestandteilen (des Urstoffes) zusammengefügt und zusammengesetzt wäre; es gibt nämlich manche, die mehrere, ja sogar unendlich viele Welten annehmen, Leute, die in Wahrheit selbst unerfahren[3] und in völliger Unkenntnis der Dinge sind, die zu wissen für sie gut wäre. Die fünfte Lehre ist, dass Gott der Welt seine Fürsorge angedeihen lässt; denn dass der Schöpfer für sein Werk Sorge trägt, ist nach den Gesetzen und Bestimmungen der Natur notwendig, denen zufolge auch Eltern für ihre Kinder sorgen. 172 Wer alle diese [42 M.] bewundernswerten und kostbaren Grundsätze nicht mit dem

Empfohlene Zitierweise:
Philon: Ueber die Weltschöpfung (De opificio mundi) übersetzt von Joseph Cohn. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 88. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloOpifGermanCohn.djvu/66&oldid=- (Version vom 9.9.2019)
  1. Philo zählt hier die Skeptiker zu den Atheisten.
  2. Die Einheit der Welt vertritt Philo in Uebereinstimmung besonders mit Plato und den Stoikern. Vgl. Plato Tim. 31a 32c. Diog. La. VII 143. Philos Polemik richtet sich gegen die Epikureer, die (mit Demokrit) behaupteten, dass das Weltall aus unendlich vielen begrenzten Einzelwelten (ἄπειροι κόσμοι) bestehe.
  3. ἀπείρους, ἄπειροι ein im Deutschen nicht wiederzugebendes Wortspiel: ἄπειρος bedeutet zugleich „unendlich viel“ und „unerfahren.“ Philo hat dieses Wortspiel aus Plato übernommen (Plat. Tim. 55c.).