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Philon: Ueber die Cherubim (De Cherubim) übersetzt von Leopold Cohn

Die aber, die durch Gott etwas erworben zu haben behaupten, halten den Urheber, den Meister, für das Werkzeug, das Werkzeug dagegen, den menschlichen Geist, für den Urheber. 128 Die rechte Vernunft möchte auch Joseph tadeln, weil er sagt, durch Gott werde die Deutung der Träume gefunden werden[1]; er hätte nämlich sagen müssen, von ihm als dem Urheber werde die Enthüllung und Klarlegung der verborgenen Dinge sicher kommen. Denn wir sind nur bald angespannte bald locker gelassene Werkzeuge, durch die im einzelnen die Tätigkeiten ausgeübt werden, der Meister aber ist er, der den Anstoss gibt zur Betätigung der Kräfte des Körpers und der Seele, von dem alles in Bewegung gesetzt wird. 129 Solche nun, die die Unterschiede der Dinge nicht auseinanderzuhalten vermögen, muss man wie Unwissende belehren, die aber, die aus Streitsucht die Ausdrücke miteinander vertauschen, muss man wie zum Zank Geneigte meiden, und diejenigen, die unter sorgsamer Erforschung der vorkommenden Dinge einem jeden der gefundenen Ergebnisse den angemessenen Platz anweisen, muss man als untrüglicher Philosophie Beflissene rühmen. 130 So sagt Moses denen, die fürchteten, sie könnten von dem bösen Feinde, der sie mit ganzer Heeresmacht verfolgte, vernichtet werden: „Stehet still und sehet die Rettung von dem Herrn, die er euch bringen wird“ (2 Mos. 14,13), womit er sie belehrt, dass nicht durch Gott, sondern von ihm als Urheber die Rettung kommt.


  1. Die Bibelworte 1 Mos. 40,8 („gehört nicht Gott die Deutung ?“) lauten in der Uebersetzung der LXX οὐχὶ διὰ τοῦ θεοῦ ἡ διασάφησις αὐτῶν ἐστιν; Philo kommt zu seinem Tadel, weil er die Präposition διά presst und dafür ὑπό erwartet.
Empfohlene Zitierweise:
: Ueber die Cherubim (De Cherubim) übersetzt von Leopold Cohn. Breslau: H. & M. Marcus, 1919, Seite 205. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonCherGermanCohn.djvu/039&oldid=- (Version vom 3.12.2016)