Philon: Ueber die Tugenden (De virtutibus) übersetzt von Leopold Cohn | |
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aber, wie ich fest überzeugt bin, zu wahrer Wirklichkeit werden, wenn Gott ebenso, wie er die jährlichen Früchte spendet, rechtes Gedeihen auch den Tugenden bescheren wird; mögen wir ihrer nie verlustig gehen, die wir das Verlangen nach ihnen seit frühester Jugend in uns tragen.
121 (16.) So und ähnlich lauten die Bestimmungen, die er in Bezug auf Freie getroffen hat. Ganz im Einklang damit stehen auch offenbar seine Verordnungen über die Sklaven; denn auch diese lässt er an den auf milde Gesinnung und Menschenliebe abzielenden Gesetzen teilnehmen. 122 Tagelöhner nun, die zur Befriedigung ihrer notwendigen Bedürfnisse Dienstleistungen für andere auf sich genommen haben, dürfen nach seiner Meinung nichts erdulden, was der Freiheit, die sie von Geburt besassen, unwürdig wäre (3 Mos. 25,39–43): er ermahnt die Empfänger solcher Dienste auf den unsicheren Bestand des Glückes zu achten und den Umschlag zu fürchten. Die aber, die infolge täglicher Anleihen Schuldner geworden sind und den Namen und die schlimmen Folgen eines solchen Schicksals auf sich nehmen mussten oder auch durch zwingendere Umstände aus freien Männern Knechte wurden, diese lässt er nicht für immer in ihrem Unglück, sondern gewährt ihnen im siebenten Jahre Freiheit für alle Zeit (2 Mos. 21,2. 5 Mos. 15,12). 123 Denn für die Gläubiger, die entweder das ausgeliehene Geld nicht zurückerhalten oder auf andere Weise die zuvor frei Gewesenen sich zu Sklaven gemacht haben, genügt nach seiner Meinung eine Dienstzeit (des Schuldners) von sechs Jahren; die Knechte aber, die es von Geburt nicht sind, sollen nicht für immer die Hoffnung auf Besserung ihrer Lage verlieren, sondern zur früheren Freiheit wieder gelangen, die ihnen durch ungünstige Verhältnisse geraubt worden war. 124 Und [396 M.] weiter heisst es: wenn eines andern Sklave, der schon im dritten Gliede Sklave ist[1], aus Furcht vor den Drohungen seines Herrn oder als Mitwisser von bestimmten Vergehen oder auch ohne selbst etwas verbrochen zu haben, nur weil er einen grausamen und gemütsrohen Herrn hat, sich zu dir flüchtet, um bei dir Hilfe zu suchen, so sollst du sie ihm nicht versagen
- ↑ d. h. dessen Vater und Grossvater schon Sklaven waren.
Philon: Ueber die Tugenden (De virtutibus) übersetzt von Leopold Cohn. Breslau: H. & M. Marcus, 1910, Seite 349. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonVirtGermanCohn.djvu/037&oldid=- (Version vom 31.10.2017)