Seite:PoincaréEnde.djvu/4

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

die wirkliche Masse ist gleich Null. Dieser Schluß beruht allerdings auf der vorhin erwähnten Hypothese, aber die Übereinstimmung zwischen der theoretischen und der experimentellen Kurve ist immerhin groß genug, um diese Hypothese wahrscheinlich zu machen.

Diese negativen Elektronen haben demnach keine eigentliche Masse; wenn sie trotzdem mit Trägheit ausgestattet zu sein scheinen, so liegt dies daran, daß sie ihre Geschwindigkeit nicht ohne gleichzeitige Störung des Lichtäthers ändern können. Ihre scheinbare Trägheit ist nur eine Anleihe, sie kommt nicht ihnen selbst, sondern dem Äther zu. Indessen besteht die Materie nicht ausschließlich aus negativen Elektronen; man kann vielmehr annehmen, daß es daneben noch wirkliche Materie gibt, der eine gewisse Trägheit eigentümlich ist. Es gibt Strahlen, die ebenfalls auf einen Regen von Wurfgeschossen zurückzuführen sind, bei denen aber diese Geschosse positive Ladungen mit sich führen: dazu gehören die Goldsteinschen Kanalstrahlen und die Strahlen des Radium; besitzen diese positiven Elektronen ebenfalls keine Masse? Das kann man nicht behaupten, denn sie sind viel schwerer als die negativen Elektronen und bewegen sich viel langsamer. Hier sind zwei Hypothesen möglich: entweder sind diese Elektronen deshalb schwerer, weil sie außer ihrer vom Äther entliehenen elektromagnetischen Trägheit noch eine, ihnen eigentümliche mechanische Trägheit besitzen, und dann würden sie die eigentliche Materie bilden; oder sie sind ebenfalls ohne Masse und erscheinen uns nur deshalb schwerer, weil sie viel kleiner sind. Ich sage mit Absicht „viel kleiner“, obgleich dies paradox erscheinen kann; bei dieser Vorstellung nämlich würden die Korpuskeln nur Höhlungen im Äther darstellen, und nur der Äther allein würde wirklich existieren und mit Trägheit ausgestattet sein.

Empfohlene Zitierweise:
Henri Poincaré: Das Ende der Materie. Teubner, Leipzig 1914, Seite 247. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Poincar%C3%A9Ende.djvu/4&oldid=- (Version vom 1.8.2018)