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beizubehalten, wie ein bewegter Körper seine Geschwindigkeit beizubehalten bestrebt ist. Auch unser Kathoden-Korpuskel wird aus zwei Gründen den Einflüssen, die seine Geschwindigkeit ändern könnten, einen gewissen Widerstand entgegensetzen: erstens durch seine eigentliche Trägheit, zweitens durch seine Selbst-Induktion, letzteres weil jede Änderung seiner Geschwindigkeit mit einer gleichzeitigen Änderung des entsprechenden Stromes verbunden sein würde. Die Elektronen — so nennt man diese Korpuskeln — hätten also zwei Arten von Trägheit: die mechanische Trägheit und die elektromagnetische Trägheit.

Die Arbeiten des Theoretikers Abraham und des Experimentators Kaufmann waren darauf gerichtet, jede dieser beiden Arten von Trägheit näher zu bestimmen. Zu dem Zwecke mußten sie eine Hypothese machen; sie nahmen an, daß alle negativen Elektronen unter sich identisch sind, daß sie alle die gleiche, wesentlich constante Ladung mit sich führen und daß die Unterschiede, welche zwischen ihnen bestehen, einzig und allein durch ihre verschiedenen Geschwindigkeiten bedingt sind. Wenn die Geschwindigkeit sich ändert, so bleibt ihre wirkliche, d. h. ihre mechanische Masse konstant; das ist sozusagen die Definition der letzteren. Die elektromagnetische Trägheit aber, welche die scheinbare Masse hervorruft, wächst mit der Geschwindigkeit nach einem gewissen Gesetze. Zwischen der Geschwindigkeit und dem Verhältnisse der Masse zur Ladung muß demnach eine gewisse Relation bestehen; wie schon oben gesagt, kann man beide Größen berechnen, indem man die Ablenkungen beobachtet, welche die Strahlen unter dem Einflusse eines Magneten oder eines elektrischen Feldes erleiden; das Studium dieser Relation gestattet den Betrag beider Trägheiten einzeln zu bestimmen. Das Resultat ist vollkommen überraschend:

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Henri Poincaré: Das Ende der Materie. Teubner, Leipzig 1914, Seite 246. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Poincar%C3%A9Ende.djvu/3&oldid=- (Version vom 1.8.2018)