Ich wäre gern fortgelaufen, aber ich schämte mich. Und wenn gar dem Lisei meinetwegen etwas geschähe!
Da begann Kasperl auf der Bühne plötzlich ein klägliches Geheule, wobei ihm Kopf und Arme schlaff herunterhingen, und der Famulus Wagner erschien wieder und fragte ihn, warum er denn so lamentire.
„Ach, mei Zahnerl, mei Zahnerl!“ schrie Kasperl.
„Guter Freund“, sagte Wagner, „so laß Er sich einmal in das Maul sehen!“ – Als er ihn hierauf bei der großen Nase packte und ihm zwischen die Kinnladen hineinschaute, trat auch der Doktor Faust wieder in das Zimmer. – „Verzeihen Eure Magnificenz“, sagte Wagner, „ich werde diesen jungen Mann in meinem Dienst nicht gebrauchen können; er muß sofort in das Lazareth geschafft werden!“
„Is das a Wirthshaus?“ fragte Kasperle.
„Nein, guter Freund“, erwiederte Wagner, „das ist ein Schlachthaus. Man wird ihm dort einen Weisheitszahn aus der Haut schneiden, und dann wird er seiner Schmerzen ledig sein.“
„Ach, du lieb’s Herrgottl“, jammerte Kasper,
Theodor Storm: Pole Poppenspäler. Braunschweig: Geoge Westermann, 1875, Seite 153. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pole_Poppensp%C3%A4ler.djvu/153&oldid=- (Version vom 1.8.2018)