Unweit vom Fenster, aber so, daß die Coulissen dort vor dem Anblick dieser schwebenden Tänzer schützen mußten, stand die große Kiste; sie war offen; ein paar wollene Decken, vermutlich zum Verpacken der Puppen bestimmt, lagen nachlässig darüberhin geworfen.
Als ich mich eben dorthin begeben hatte, hörte ich Lisei vom Fenster her so recht aus Herzensgrunde gähnen.
„Bist du müde, Lisei?“ fragte ich.
„O, nei“, erwiederte sie, indem sie ihre Ärmchen fest zusammenschränkte; „aber i frier’ halt!“
Und wirklich, es war kalt geworden in dem großen leeren Raume, auch mich fror. „Komm hierher!“ sagte ich, „wir wollen uns in die Decken wickeln.“
Gleich darauf stand Lisei bei mir und ließ sich geduldig von mir in die eine Decke wickeln; sie sah aus wie eine Schmetterlingspuppe, nur daß oben noch das allerliebste Gesichtchen herausguckte. „Weißt“, sagte sie und sah mich mit zwei großen müden Augen an, „i steig’ ins Kistl, da hält’s warm!“
Das leuchtete auch mir ein; im Verhältniß zu der wüsten Umgebung winkte hier sogar ein traulicher
Theodor Storm: Pole Poppenspäler. Braunschweig: Geoge Westermann, 1875, Seite 164. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pole_Poppensp%C3%A4ler.djvu/164&oldid=- (Version vom 1.8.2018)