„Lisei!“ – Als aber dessen ungeachtet, vielleicht wegen einer Biegung der Landstraße, der nur noch im Nebel schwimmende Punkt jetzt völlig meinen Augen entschwand, da rannte ich wie unsinnig auf dem Wege hinterdrein. Der Sturm riß mir die Mütze vom Kopfe, meine Stiefel füllten sich mit Sand; aber so weit ich laufen mochte, ich sah nichts Anderes, als die öde baumlose Gegend und den kalten grauen Himmel, der darüber stand. – Als ich endlich bei einbrechender Dunkelheit zu Hause wieder angelangt war, hatte ich ein Gefühl, als sei die ganze Stadt indessen ausgestorben. Es war eben der erste Abschied meines Lebens.
Wenn in den nun folgenden Jahren der Herbst wiederkehrte, wenn die Krammetsvögel durch die Gärten unserer Stadt flogen, und drüben vor der Schneiderherberge die ersten gelben Blätter von den Lindenbäumen wehten, dann saß ich wohl manches Mal auf unserer Bank und dachte, ob nicht endlich einmal das Wägelchen mit dem braunen Pferdchen wie damals wieder die Straße heraufgebimmelt kommen würde.
Aber ich wartete umsonst; das Lisei kam nicht wieder.
Theodor Storm: Pole Poppenspäler. Braunschweig: Geoge Westermann, 1875, Seite 181. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pole_Poppensp%C3%A4ler.djvu/181&oldid=- (Version vom 1.8.2018)