hineingefahren und hatten, wie vorhin, ihre Stücke abgespielt, den verlorenen Sohn, die heilige Genovefa und wie sie sonst noch heißen mochten.
So waren sie gestern auf der Reise in ein großes Kirchdorf gekommen, wo sie ihre Mittagsrast gehalten hatten. Auf der harten Bank vor dem Tische, an welchem sie ihr bescheidenes Mahl verzehrten, war Vater Tendler ein halbes Stündchen in einen festen Schlaf gesunken, während Lisei draußen die Fütterung ihres Pferdes besorgt hatte. Kurz darauf, in wollene Decken wohlverpackt, waren sie aufs Neue in die grimmige Winterkälte hinausgefahren.
„Aber wir kamen nit weit“, erzählte Lisei; „gleich hinterm Dorf ist ein Landreiter auf uns zugeritten und hat gezetert und gemordio't. Aus dem Tischkasten sollt' dem Wirth ein Beutel mit Geld gestohlen sein, und mein unschuldigs Vaterl war doch allein in der Stube dort gewesen! Ach, wir haben kei Heimath, kei Freund, kei Ehr; es kennt uns Niemand nit!“
„Kind, Kind“, sagte die Meisterin, indem sie zu mir hinüberwinkte, „versündige dich auch nicht!“
Ich aber schwieg, denn Lisei hatte ja nicht Unrecht
Theodor Storm: Pole Poppenspäler. Braunschweig: Geoge Westermann, 1875, Seite 191. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pole_Poppensp%C3%A4ler.djvu/191&oldid=- (Version vom 1.8.2018)