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der betr. Schiefer in Kalk eingelagert. Petrographisch völlig anders ist die zweite Nordamerikanische Gigantostrakenfazies: Dolomitische Gesteine im Guelphdolomit, im Zementkalk („waterlime“) des Bertie-Kokomo, Rondout und Manlius. Den festen, dunklen, mergligen Dolomit des Bertie-waterlime nennen Clarke u. Ruedemann das meist charakteristische Eurypteridengestein; er ist das an ihnen reichste.

Die Vorkommnisse im europäischen Silur finden sich seltener in Graptolithenschiefern (Böhmen, Schottland), dann in Tonschiefern, Mergelschiefern, verschiedentlich in Kalken, in tonig-schiefrigen Sandsteinen, im grobkörnigen Ludlow-bonebed. Häufig sind sie in schiefrigen und sandigen Gesteinen des Ludlow und des Downton (Temesideschichten) von England, Schottland, Norwegen; in ganz besonders großer Zahl finden sie sich in den hellgelben „Plattendolomiten“ der oberen Öselschen Stufe von Rootziküll auf Ösel, die genetisch dem Bertie-waterlime nächststehen.

Die lithogenetischen Verhältnisse der Gigantostraken führenden silurischen Gesteine sind recht sehr verschiedene. Die Entstehung der „Gigantostraken-Schiefer“ in Nordamerika z. B. vollzog sich unter der Herrschaft niederschlagsreichen Klimas mit reichlicher Förderung von feinstkörnigem Oberflächenspülicht des Landes, die des „waterlime“ bei niederschlagsärmerem Klima, bei geringfügiger Zufuhr tonigen Materials. Trotzdem erklären Clarke u. Ruedemann z. B. die Pittsfordschiefer und den „waterlime“ als biologisch nicht differente Fazies. Das trifft insofern zu, als man Pittsfordschiefer und Bertie-Zementkalk mit ihren sonst sehr ärmlichen Meeresfaunen als Refugien der Gigantostraken vor der übermäßigen Salinität der Gips und Salz gebenden Räume und Zeiten der Salinagruppe auffassen kann. Daß die petrographische Fazies für das Auftreten von Gigantostraken nicht bedingend ist, geht wohl am besten daraus hervor, daß sie z. B. im Bertie waterlime in ungemein großer Zahl, im petrographisch sehr ähnlichem oder gleichem Rondoutdolomit recht selten sind, daß sie in Europa z. B. im jüngsten Obersilur England-Schottlands, in Norwegen, im Baltikum in ganz verschiedenartigen Gesteinen reichlich vorkommen, in tonigen und sandigen Schiefern, in Sandsteinen und im oberöselschen mergligen Dolomit.

In den durch vorwiegend jugendliche Formen ausgezeichneten Schiefern des Shawangunk grit sahen Clarke u. Ruedemann Brutplätze von Gigantostraken, Strandpfützen der Gezeitenzone etwa eines Deltagebietes, ausgedrückt. Im Bertie- und Kokomo-waterlime finden sie die Tummelplätze ausgewachsener Formen in etwas tieferem Littoral.

Lagunen, Ästuare, „strandpools“ des Meeres sehen Clarke u. Ruedemann als die normalen Wohnplätze der Eurypteriden des Silur an.

Empfohlene Zitierweise:
Josef Felix Pompeckj: Gigantostraca und Scorpionida. Gebrüder Borntraeger, Berlin 1923, Seite 324. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Pompeckj_Gigantostraca_und_Scorpionida.pdf/6&oldid=- (Version vom 1.8.2018)