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und einer „inneren Drehkraft

zu reden. Die „dynamischen Grundgleichungen“ besagen nun:

Die Resultierenden der inneren und äusseren Kraft und Drehkraft verschwinden:

3)

Die kinematische Grundgleichung (1), die Feldgleichungen (2) und die dynamischen Grundgleichungen (3), das sind die Grundlagen, auf denen die Dynamik des Elektrons sich aufbaut. Es mag betont werden, dass das Wort „Kraft“ hier nur eine abkürzende Bezeichnung für gewisse, durch die Feldstärken und durch die Geschwindigkeit der Translation und Rotation des Elektrons definierte Vektoren ist; aus der gewöhnlichen Mechanik nehmen wir nur rein geometrisch-kinematische Begriffe in die Grundlagen der Dynamik des Elektrons auf. Doch wählen wir die Bezeichnung der abgeleiteten Grössen so, dass die Analogie zur gewöhnlichen Mechanik deutlich hervortritt.

Bevor wir zur Behandlung spezieller Bewegungstypen übergehen, mögen zwei allgemeine Sätze vorausgeschickt werden, die aus den Feldgleichungen folgen. Der erste Satz formuliert das Energieprinzip, er lautet:

4) .

Dabei bedeuten: o die Begrenzung des Feldes, die durch fremde Körper oder auch durch eine nur gedachte Fläche bestimmt sein kann; () das innere (skalare) Produkt der Vektoren und , mithin das erste Glied der linken Seite die „Leistung der inneren Kräfte“. Das zweite Glied enthält die Normalkomponente des „Poyntingschen Strahlvektors“

und ergiebt die vom Elektron durch die Begrenzung hindurchgesandte Strahlung. Leistung der inneren Kräfte und Ausstrahlung erfolgen auf Kosten einer skalaren Grösse W, die wir „elektromagnetische Energie“ nennen, und die das Feld mit der Dichte

erfüllt. Gl. (4) entspricht also dem Satze von der lebendigen Kraft. In entsprechender Weise lassen sich – das hat H. Poincaré zuerst bemerkt – die Sätze von der Bewegungsgrösse, oder die „Impulssätze“ aus der Lorentzschen Theorie gewinnen. Es ist:

5)

Hier giebt die Kraft an, die von den sogenannten „Maxwellschen Spannungen“ des vom Elektron erregten Feldes auf die Flächeneinheit der Grenzfläche o ausgeübt wird, das statische Moment dieser Kraft, bezogen auf den Mittelpunkt des Elektrons. Nach den Gleichungen (5) heben sich im allgemeinen die Kräfte, welche vom Felde auf das Elektron einerseits und auf die Begrenzung andererseits ausgeübt werden, durchaus nicht auf; sie widersprechen also dem dritten Axiome Newtons. Ganz ebenso würde die Gl. (4) dem Energieprinzip widersprechen, wenn wir es nicht durch Annahme einer neuen „elektromagnetischen Energie“ aufrecht erhalten hätten. Auch das dritte Axiom können wir retten, wenn wir eine neue „elektromagnetische Bewegungsgrösse“ einführen, die über das Feld mit der Dichte verteilt ist. Die Gl. (5) sind dann folgendermassen zu deuten.

Wir denken uns ein mit dem Elektron starr verbundenes Gerüst. In allen Punkten des Feldes, an denen gerade die Dichte der elektromagnetischen Bewegungsgrösse mit der Zeit zunimmt, greift eine entsprechende Kraft an dem Gerüste an. Alle diese Einzelkräfte nach den Regeln der Statik starrer Körper zusammensetzend, erhält man die Kraft und Drehkraft, welche das von der Fläche o begrenzte Feld auf das Gerüst ausübt. Die Betrachtung vereinfacht sich, wenn es erlaubt ist, die Fläche o in das Unendliche zu rücken, und die Oberflächenintegrale in den Gl. (5) und (4) fortzulassen; das ist dann der Fall – der Nachweis würde hier zu weit führen –, wenn der Einfluss fremder Körper auf das Elektron, soweit er nicht in dem Vektor berücksichtigt ist, unmerklich wird. Nehmen wir weiterhin diese Bedingung als erfüllt an, so können wir vermöge der Gl. (5) die „inneren Kräfte“ vollständig durch die dynamischen Einwirkungen der elektromagnetischen Bewegungsgrösse ersetzen.

Wir nennen das über den unendlichen Raum erstreckte Integral:

den „Impuls“ des Elektrons, ferner

Empfohlene Zitierweise:
Max Abraham: Prinzipien der Dynamik des Elektrons. S. Hirzel, 1902, Seite 57. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Prinzipien_der_Dynamik_des_Elektrons.djvu/2&oldid=- (Version vom 1.8.2018)