Seite:Proehle Kinder- und Volksmaerchen 046.jpg

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gesehen hatte, ging er sogar zum Könige und begehrte sie zum Weibe. Da verwunderte sich der König und sprach: „Du hast den Tod verdient, weil du es gewagt hast, gegen mein Gebot auf die Straße zu gehen und meiner Tochter ins Antlitz zu schauen. Nur wenn du im Stande bist, drei schwere Aufgaben zu lösen, sollst du das Leben behalten und die Königstochter zur Gemahlin haben. Zum ersten mußt du ihr die allerkostbarste Morgengabe herbeischaffen, die es nur gibt. Fürs zweite mußt du mir vier Lastthiere voll Geld bringen, und neben mein Schloß ein anderes Schloß bauen, das muß aber viel schöner sein als meines, und was an meinem Schlosse von Eisen ist, muß an deinem Schlosse von Messing sein.“ Und damit kehrte die Frau zu ihrem Sohne heim.

Da scheuerte der junge Mensch in der nächsten Nacht an dem Leuchter. Sogleich erschien der Geist des Lichtes; er offenbarte ihm, was der König verlangt hätte, und bat ihn um Rath, was er wol der Königstochter zur Morgengabe geben sollte. Nun brachte der einen goldenen Becher herbei und rieth ihm, den von den Steinen zu füllen, welche noch immer im Winkel lagen, das werde die kostbarste Morgengabe von der ganzen Welt sein. Das that er auch, und als seine Mutter in der Frühe des Morgens mit dem Becher zum Könige kam und der König schüttete den Becher vor der Königstochter aus, waren es nichts als Edelsteine. Darüber war der König und die Königstochter hoch erfreut, und als nun Beide ans Fenster traten, stand das neue Schloß seinem Schlosse schon gegenüber und war viel schöner anzusehen als seines und glänzte gar prächtig in der Morgensonne. Da staunte der König und stellte sogleich die Hochzeit an. Der Sohn der Witwe heirathete jetzt die Prinzessin, und sie wohnten miteinander mit der alten Frau in dem kostbaren Schlosse. Als nun der Schwiegersohn des Königs einmal

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Heinrich Pröhle: Kinder- und Volksmärchen. Leipzig 1853, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Kinder-_und_Volksmaerchen_046.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)