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die Türken gar sehr, am meisten aber die Tochter des türkischen Sultans. Doch sprach sie kein Wort, sondern sah ihm nur gar lange nach, wie er mit der Stute davonjagte, und ging dann stillschweigend ins Zelt. Viele Türkenoffiziere dagegen jagten hinter ihm drein, sie konnten ihn aber nicht einholen, denn das ist so ein Pferd gewesen, daß in funfzehn Stunden dreißig Meilen damit abgemacht sind.

Der König von Frankreich freute sich sehr über diese neue Heldenthat des Ritters. Aber einige Tage später kündigte der Türke um das Pferd die Schlacht an, denn das Pferd war dem Sultan beinahe theurer als seine Tochter. Als das erste Scharmützel stattfand, ging der Ritter verkleidet zum Zelte des Sultans und raubte ihm sein einziges Kind. Glücklich gelangte er mit ihr nach Paris und gab sie seinem Pflegevater in Verwahrung.

Da nun die Tochter des Sultans in den Händen der Franzosen war, schloß der Sultan eilig Frieden, denn sein Kind war doch sein einziger Trost, seit er seinen Riesen und sein Reitpferd verloren. Der König von Frankreich legte die Regierung nieder und machte den edeln Ritter, der des Sultans Tochter geraubt hatte, zum Könige und zu seinem Nachfolger, weil er selbst kinderlos war. Der Sultan mußte als Freund der Hochzeit beiwohnen und kehrte dann in die Türkei zurück. Der junge König von Frankreich lebte aber gar herrlich, denn wenn er es müde war, mit der Tochter des Sultans zu scherzen, so setzte er sich auf sein türkisches Reitpferd, und da that ihm Eins immer wohler als das Andere.

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Heinrich Pröhle: Kinder- und Volksmärchen. Leipzig 1853, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Kinder-_und_Volksmaerchen_114.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)