Seite:Proehle Kinder- und Volksmaerchen 137.jpg

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er gemeinschaftlich die Reise fort. So kamen sie in ein Land, da wurden sie alle Sieben gefangen. In diesem Lande aber regierte ein Mann, der war zwölf Fuß hoch und sechs Fuß breit und hatte nur Ein Auge, das war so groß wie ein Käsenapf und saß mitten vor dem Kopfe. Diesem wurde einen Tag um den andern einer von den Reisenden zum Verzehren gebracht. Und nun waren Alle aufgezehrt außer Dem, der die Weisheit Gottes ergründen wollte und noch einem andern. Mit diesem andern berathschlagte er, wie sie sich retten könnten. Da machte er in der Nacht ein Eisen glühend und stach dem großen Manne im Schlaf das Auge aus. Darauf liefen sie fort. Nachdem sie mehrere Stunden gelaufen sind, kommt der große Kerl mit großen Schritten hinter ihnen her, kann sie jedoch in seiner Blindheit nicht finden. Nun gelangen sie in ein Land, da wird der kluge Reisende zum Rathsherrn ernannt, und er muß als Rathsherr auch ein Weib nehmen. Es ist aber Sitte in diesem Lande, daß, wenn Jemand gefreit hat und die Frau stirbt zuerst, der Mann lebendig mit ins Grab muß, wobei ihm ein kleines Brot mitgegeben wird. Nun stirbt dem Rathsherrn die Frau und er muß mit ihr ins Grab. Auf der einen Seite aber grenzt die See an das Todtengewölbe. Wie der kluge Mann nun in der Nacht schlaflos dasitzt und etwas von dem Brote verzehrt, kommt ein Seethier und holt sich einen Todten. Er hängt sich an dieses Seethier und das geht mit ihm in die See. Wenn er jetzt noch lebt, so sucht er in der See noch die Weisheit Gottes. Davon ist aber weiter noch kein Bescheid gekommen.

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Heinrich Pröhle: Kinder- und Volksmärchen. Leipzig 1853, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Kinder-_und_Volksmaerchen_137.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)