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auch auf der Wiese gefunden worden!“ Und da waren sie mit den kleinen Mädchen im Findelhaus.


80. Eisenbahnmärchen.


„Nun, das ist doch nur gut“, - hatte eine alte dicke Häsin gesagt, als die Eisenbahn von Braunschweig nach Harzeburg eröffnet werden sollte, - „nun, das ist doch nur gut, daß man jetzt rascher zur Stadt kommen kann als früher. Mit dem Laufen will es bei meinen Jahren nicht mehr so recht fort und man hat so mancherlei Einkäufe zu besorgen, denn die Töchter wachsen nachgerade heran und man muß an die Ausstattung denken. Und was man hier in Feld und Wald haben kann, ist doch nicht mehr so recht in der Mode, und ich kann es keinem hübschen jungen Hasen verdenken, wenn er in dieser Zeit von seiner Allerschönsten eine etwas bessere Mitgift verlangt. Kauft man doch auf der braunschweiger Messe so billig ein.“

So hatte die Alte gesprochen, und ähnlich dachten die andern Thiere des Harzwaldes. Als nun die Eisenbahn eröffnet war, welche so recht dicht an die Harzberge dran stößt, da waren gar viele Thiere gekommen und hatten wollen ein Billet lösen für die Fahrt zur braunschweiger Messe. Aber der Einnehmer sagte: „Habt ihr Häschen, ihr Kaninchen, ihr Hirsche und Rehe, auch wol einen Herrn? He? Habt ihr wol auch einen Herrn?“

Da mußten sie traurig die Augen niederschlagen, denn sie hatten keinen Herrn, und nach den Eisenbahngesetzen durften nur auf den Namen von Menschen Thierbillets ausgegeben werden. Sie gingen dann immer mismuthig hinweg

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Heinrich Pröhle: Kinder- und Volksmärchen. Leipzig 1853, Seite 249. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Kinder-_und_Volksmaerchen_249.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)