erwidern, gleich allen denen, die wir als Heilige verehren, weil er die vorzüglichste Eigenschaft besaß, die alles übrige Gute in sich schließt, eine unbedingte Ergebenheit in Gottes Willen.
Denn obgleich kein sterblicher Mensch sich anmaßen dürfte, Gott gleich, oder demselben auch nur ähnlich zu werden, so bewirkt doch schon eine unbegrenzte Hingebung in seinen heiligen Willen die erste und sicherste Annäherung an das höchste Wesen.
Sehen wir doch ein Beispiel an Vätern und Müttern, die, mit vielen Kindern gesegnet, liebreiche Sorge für alle tragen. Zeichnet sich aber das eine oder das andere darunter durch Folgsamkeit und Gehorsam besonders aus, befolgt ohne Zaudern und Fragen die elterlichen Gebote, vollzieht es die Befehle sofort und beträgt sich dergestalt, als lebte es nur in und für die Erzeuger, so erwirbt es sich große Vorrechte. Auf dessen Bitte und Fürbitte hören die Eltern und lassen oft Zorn und Unmut, durch freundliche Liebkosungen besänftigt, vorübergehen. Also denke man sich, menschlicher Weise, das Verhältnis unseres Heiligen zu Gott, in welches er sich durch unbedingte Ergebung emporgeschwungen. Eine solche Ergebung in den Willen Gottes, so hoch verdienstlich sie auch gepriesen werden kann, wäre jedoch nur unfruchtbar geblieben, wenn der fromme Jüngling nicht seinen Nächsten so wie sich selbst geliebt hätte. Denn ob er gleich, vertrauensvoll auf die Fügungen Gottes, sein Vermögen unter die Armen verteilte, um als frommer Pilger das heilige Land zu erreichen, so ließ er sich doch von diesem preiswürdigen Entschluß unterwegs ablenken. Die große Not, worin er seine Mitchristen findet, legt ihm die unerläßliche Pflicht auf, den gefährlichsten Kranken beizustehen, ohne an sich selbst zu denken. Er folgt seinem Beruf durch mehrere Städte, bis er endlich, selbst vom wütenden Übel ergriffen, seinen Nächsten weiter zu dienen außer Stand gesetzt wird. Durch diese gefahrvolle Thätigkeit nun hat er sich dem göttlichen Wesen abermals genähert; denn wie Gott die Welt in so hohem Grade liebte, daß er zu ihrem Heil seinen einzigen Sohn gab, so opferte St. Rochus sich selbst seinen Mitmenschen.
Aber auch diese wichtige und schwere Handlung wäre von keinen seligen Folgen gewesen, wenn St. Rochus für so große Aufopferungen einen irdischen Lohn erwartet hätte. Solche gottseligen Thaten kann nur
Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/102&oldid=- (Version vom 1.8.2018)