Der Dichter Goethe zog im Jahre 1814 mit der ruhigen und ernsten Binger Prozession nach Bingen hinab. In dem herrlich gelegenen Bingen angelangt, fand er jedoch daselbst keine Ruhe. Er wünschte vielmehr, wie er sagt, nach so viel wunderbaren, göttlichen und menschlichen Ereignissen sich geschwind in das derbe Naturbad zu stürzen. Ein Kahn führte ihn „die Strömung flußabwärts.“ Ueber[1] den Rest des alten Felsendammes, den Zeit und Kunst besiegten, glitt er hinab. Der märchenhafte Turm, auf unverwüstlichen Quarzsteinen gebaut, blieb ihm zur Linken, die Ebernburg rechts. Bald aber kehrte er für diesmal zurück, „das Auge voll von jenen graulichen, abschießenden Gebirgsschluchten, durch welche sich der Rhein seit ewigen Zeiten hindurcharbeitete.“ So wie den ganzen Morgen, begleitete ihn auch auf dem Rückwege die hohe Sonne, obgleich aufsteigende vorüberziehende Wolken zu einem ersehnten Regen Hoffnung gaben. Wirklich strömte endlich alles erquickend nieder, sodaß die Gesellschaft aus Wiesbaden auf ihrer Rückreise die ganze Landesgrenze neu belebt fand. So hatte denn, sagt Goethe, der heilige Rochus, wahrscheinlich auf andere Nothelfer einwirkend, seinen Segen auch außer seiner eigentlichen Obliegenheit reichlich erwiesen.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Üeber
Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 95. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/105&oldid=- (Version vom 1.8.2018)