der Provinz Sachsen zeigt man zu Schlanstedt die rote Tempelherrnstube: man hatte sich nicht gescheut, zwölf Templer zu einem Gastmahle zu laden und dann in halber Trunkenheit gerade dann zu ermorden, als die nichts ahnende Tochter des verräterischen Burgverwalters, einem Winke ihres Vaters folgend, zu ihnen in’s Zimmer trat, um durch ihre Gegenwart die Geselligkeit noch mehr zu beleben. Zu den Würgeengeln, welche sich gegen die Tempelherren erhoben, gehörte auch der damalige Bischof von Mainz Peter Aichspalter, der sich dem Papste dafür dankbar zeigen wollte, daß dieser ihn vom Hausarzt eines luxemburgischen Grafen, was er bis dahin gewesen war, auf den erzbischöflichen Stuhl zu Mainz erhoben hatte.
Peter Aichspalter stellte den Tempelherren die Wahl zwischen Verbannung und Tod, aber hier wie überall war es für die Tempelherren schwer, eine neue Heimat zu finden, weil sie überall ausgewiesen wurden. An allen Orten mußten sie deshalb darauf denken, Schlupfwinkel ausfindig zu machen. Ein solcher Schlupfwinkel hat sich für die Tempelherren in der Altmark auf dem jetzigen kaiserlichen Jagdgute zu Letzlingen in der von Sümpfen umgebenen alten Linderburg gefunden, und auf mainzischem Gebiete wurde die Burg Lahneck als Zufluchtsort der letzten Tempelherren benutzt. Nachdem nämlich einige Tempelherren auf’s Gerathewohl in die Verbannung gezogen waren, andere aber ihren Orden abgeschworen hatten, warfen sich die letzten zwölf Tempelherren in die Burg Lahneck und schwuren sich einander zu, daß keiner die Burg lebend wieder verlassen wolle.
Als Peter Aichspalter diese Nachricht erhielt, geriet er in Wut und sandte seine Soldaten ab, um sie alle zwölf niederzuhauen.
Zwar wurde ihnen angeboten sich noch zu ergeben, doch wartete ihrer dann etwas anderes als der Tod durch Henkershand? Es wurde ihnen auch noch immer frei gestellt, ihren Orden abzuschwören, welchen sie ja doch durch ein sittenloses Leben und durch das Streben nach irdischen Reichtümern entweiht hätten. Aber daß sie das Gelübde des Gehorsams gegen ihren Ordensmeister, den sie auf das höchste verehrten, jemals gebrochen hätten, wagte niemand zu behaupten; dafür, daß sie nicht tugendhaft gewesen seien, verlangten sie Beweise; daß sie nach irdischen Schätzen getrachtet
Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 126. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/137&oldid=- (Version vom 1.8.2018)