Bischof Rikolphus von Köln war gestorben, da entstand ein großer Streit unter der Geistlichkeit über die Wahl seines Nachfolgers. Als das Kaiser Karl der Große hörte, wie er von der Jagd kam, setzte er sich sogleich wieder auf sein Pferd und ritt die ganze Nacht durch gen Köln.
Da er schon nahe bei dieser Stadt war, hörte er in einem Kirchlein zur Messe läuten, stieg vom Pferde und band es an einen Baum, denn er wollte erst die Frühmesse hören, ehe er nach Köln hineinritt.
Der Priester, welcher Messe las, gefiel ihm. Karolus hatte aber noch einen Hornfässer umhängen, wie die Jäger zu haben pflegen. So trat er an den Altar und opferte einen Gulden.
Der Meßpriester hielt den Kaiser für einen gewöhnlichen Jäger. Nachdem er Messe gelesen hatte, nahm er den Gulden und sprach zu Karl:
„Guter Freund, nehmet Euren Gulden zurück, man opfert hier nicht mit Gulden.“
„Herr, behaltet den Gulden nur, ich gebe ihn Euch gern,“ antwortete Karl.
Der Priester meinte jetzt: „Ich sehe wohl, Ihr seid ein Jäger. Nun bedarf mein Meßbuch eines Umzuges. Darum bitte ich Euch, schicket mir doch die Haut von dem ersten Reh, welches Ihr erjaget, damit mein Meßbuch wieder gut eingebunden werden kann. Den Gulden aber behaltet nur für Euch.“
Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 209. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/221&oldid=- (Version vom 1.8.2018)