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ein. Dann wollten sie mir huldigen, wollten mir den Eid schwören. Kein Weigern wollte helfen, bis ich endlich mit drohenden Worten mir Gehör erzwang.

„Ihr Herren“, hub ich an, „habt Ihr mich nun zu Euerem königlichen Herrn ernannt und habt die Krone mir auf’s Haupt gesetzt, so werdet Ihr nun auch erlauben, daß ich abdanke. An meiner Statt, der ich nur eines Kaufmanns Sohn bin, werde ich Euch den Mann bringen, hochgeboren und aus königlichem Blute stammend, der die Krone mit Würde tragen wird. Ich habe ihn gefunden.“

„Nein“, ertönte es von aller Lippen, „mein Vater, wir wollen gern für unser Reich auf den fürstlichen Herrn verzichten. Du gabst uns Leben und Freiheit wieder, Du allein sollst über uns herrschen.“

„Habe ich Euch je was zu lieb gethan“, sagte ich, „so that ich, was mein Herz erfreute, und reich bin ich dafür nun belohnt worden. Ihr habt mir eine Krone und ein Land dafür gegeben! Das alles biete ich nun aber mit Freuden dem rechten Erben, dem Königssohn, Wilhelm von Engelland dar.“

„Wilhelm von Engelland!“ sprachen sie mit traurigen Geberden. „Ja, lebte er noch! – Aber wehe uns, er ist ja tot!“

„Nein, freut Euch! er lebt!“ rief ich, „und Irene, sein traut Gemahl, dieselbe, die Ihr einst mir anvertrautet, ist bei ihm! Sie sind Euch ganz nahe. Auf, kommt mit mir zum Hafen, da sollt Ihr sie selbst schauen.“

O, da begann ein Sturm! Sie sprangen auf, sie riefen nach Rossen nach Panier, nach ihren Knappen. Bald sah man die edlen Ritter alle in goldener Kleider Pracht, auf reichgeschirrten Rossen dem Hafen zueilen.

Schon hatte ich meinen Knappen zu König Wilhelm mit der Botschaft voraus gesandt.

So ritt König Wilhelm ihnen, mit reichem Hermelin geschmückt, entgegen. An seiner Seite ritt Irene, die wunderschöne Frau, und ein stattliches Geleit begleitete sie.

Da gab’s ein herrlich Grüßen! Mit Freudenthränen umarmte der König die Getreuen. Da stand auch die Königin bereit, sich küssen zu lassen, sie hatte mit ihnen das bittere Leid erdulden müssen.

Im langen stolzen Zuge ging’s nun nach der Stadt hin. Mit frohem Sang und Klang kam auch der Erzbischof gefahren. Bürgerscharen gesellten

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Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 236. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/249&oldid=- (Version vom 1.8.2018)