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Der Kaiser mußte den Vorschlag des Herzogs von Sachsen annehmen. Vergebens ließ die Herzogin von Brabant ihre fragenden Blicke über die Herren und Ritter im Saale dahinschweifen. Niemand erbot sich zum Schutze ihrer Rechte, und die Prinzessin weinte.

Da erhob sich der Schwanenritter zum Schutze der beiden Frauen von Brabant. Er kämpfte mit dem Herzoge von Sachsen und überwand ihn. Der Tod des Herzogs erfolgte auf der Stelle, und nun sprach auch der Kaiser den beiden Damen, von denen die eine eine Wittwe und die andere eine Waise war, sogleich Brabant zu. Jetzt wünschte der Kaiser selbst, daß ein so starker Held, wie der Überwinder des Sachsenherzogs, sich mit der Prinzessin vermähle, und mit Freuden trug ihm die Herzogin die Hand ihres lieblichen Töchterchens an. Gern willigte auch der Ritter in das Verlöbnis. Jedoch stellte er dabei die Bedingung, daß seine Gemahlin ihn niemals fragen dürfe, von wannen er kommen sei, weil sie ihn sonsten sogleich verlieren müsse.

Das versprach ihm die Prinzessin auch und hat es gehalten, bis sie zwei Kinder von ihm bekommen hatte und beide Ehegatten darüber in größter Glückseligkeit waren. Da fragte sie ihn gleichsam um seiner Nachkommen willen nach seinem Geschlechte und seiner Herkunft. Da sagte er ihr, daß sie nun ihr gemeinschaftliches Glück zerstört habe, und daß sie ihn nur wenige Augenblicke noch sehen werde.

Da bereute die Herzogin das Wort, das sie gesprochen hatte, und alle fielen ihm zu Füßen und baten ihn zu bleiben. Er aber rüstete sich und rief nach seinem Schwane, der kam sogleich mit dem Schifflein geschwommen.

Er segnete noch das ganze Volk, dann trat er in das Schiff und der Schwan fuhr mit ihm auf Nimmerwiedersehen davon.

Von den Kindern des Schwanenritters stammen viele edle Geschlechter ab, die alle den Schwan im Wappen führen. Darunter sind auch die Herzöge von Kleve, deren Land zuletzt in den Besitz der Hohenzollern gekommen ist.


Druck von Bajanz & Studer, Berlin S.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 248. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/261&oldid=- (Version vom 1.8.2018)